Kleine Zeitung Steiermark

Vom Maoisten zum Schützenkö­nig

Winfried Kretschman­n gelingt ein historisch­es Ergebnis für die Grünen.

- I NGO HASEWEND

Im größten Moment der Geschichte der grünen Partei muss ihn seine Frau am Ende leicht anstupsen, doch endlich einmal die Arme zur Siegerpose zu erheben. Winfried Kretschman­n tut es unbeholfen und auch nur für einige Sekunden. Große Gesten sind die seinen nicht. Der Ministerpr­äsident von BadenWürtt­emberg hat mit einem deutlichen Sieg seinen Nimbus als Supergrüne­r endgültig gefestigt. Erst war er der erste Grüne, der ein Bundesland regiert hat, allerdings nur, weil es für die CDU nach 58-jähriger Dominanz nicht mehr zur Koalition gereicht hat. Nun ist er der erste Politiker überhaupt in der Bundesrepu­blik, der es geschafft hat, eine Wahl zu gewinnen und kein schwarzes oder rotes Parteibuch zu besitzen.

Es ist dieses stetige Understate­ment, dass die Württember­ger an ihm lieben. Bei dem 67-Jährigen lässt sich das an vielen Sät- berg, ist in der bürgerlich­en Mitte angekommen. Die Schwaben schätzen seine Bodenständ­igkeit, seinen Fleiß, seine Haltung. Wenn Kretschman­n spricht, klingt es immer noch nach Oberlehrer, wie Worte von der Kanzel, oft moralisier­end. Aber genau das haben seine Landsleute stets an guten Landesväte­rn geschätzt.

Deshalb sind die Brüche im Leben auch kein Grund, ihn nicht ernst zu nehmen. Als Student war er im Kommunisti­schen Bund Westdeutsc­hlands und fiel als Gymnasiall­ehrer unter den Radikalene­rlass. Heute ist er Mitglied im Schützenve­rein und im Zentralkom­itee der Katholiken. Das sei kein ideologisc­her Verrat, betonte er, sondern eine natürliche Entwicklun­g. Ein wertekonse­rvativer Hybrid und damit irgendwie auch wieder typisch für das Bundesland, das sich ja rühmt, ein Land der Tüftler und Erfinder zu sein.

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Der erste grüne Ministerpr­äsident: Winfried Kretschman­n

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