Wofürsollmansich starkmachen?
Unsere Leserinnen und Leser beschäftigen die unterschiedlichen Aspekte der Gleichberechtigung auch über den Weltfrauentag hinaus.
Die Art der Veröffentlichung Ihrer Forderungen irritiert mich. Es klingt danach, als ob alle Mitarbeiterinnen hinter allen Forderungen gemeinsam stehen. Das finde ich ziemlich erschütternd. Ein solches gemeinsam von allen Mitarbeiterinnen getragenes Manifest steht aus meiner Sicht der natürlichen Breite unterschiedlicher Lebensentwürfe entgegen und ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, dass meine Zeitung ausschließlich von Mitarbeiterinnen gemacht wird, die ein derart egozentrisches Weltbild haben, es geht nur noch um das „Ich“, ein „Wir“gibt es nur noch unter Frauen, ein „Wir“von Partnerin und Partner wird quasi als antiquiert gebrandmarkt. Zum Beispiel die Feststellung: „Wir warten nicht darauf, dass es jemand für uns richten wird, sondern übernehmen Verantwortung für die Erfüllung unserer Bedürfnisse . . .“Es sollte doch im Zusammenleben – in welcher Gruppe auch immer – nicht nur um das „Ich“und „meine Bedürfnisse“gehen, sondern es sollte um die Abstimmung der Bedürfnisse der Gruppenmitglieder (z. B. Familie, Ehe, Freunde) gehen. Jede Gruppe geht am Egoismus zugrunde.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass alle Mitarbeiterinnen der Kleinen Zeitung derart ichzentriert sind. Jedenfalls möchte ich nie eine solche Frau als Partnerin oder Vorgesetzte – und zwar obwohl ich absolut emanzipiert bin! In der Zeitung konnte man lesen, dass Frauen bei der Bezahlung ihrer Arbeit benachteiligt seien und noch immer 900 Euro im Monat weniger als die Männer verdienen! Was heißt hier weniger? Als Rechtsanwaltsgehilfin (verlangt werden: Matura, eine Fremdsprache, perfekt in Rechtschreibung und im Umgang mit dem Rechtsanwaltsprogramm, gute Umgangsformen) verdient man für eine 40Stunden-Woche im Monat netto 1018,56 Euro. Abzüglich der Monatskarte für den Bus bleiben im Monat 914 Euro – also nicht um 900 weniger, sondern überhaupt nur 900 Euro. Da stellt sich mir als Frau die Frage: Wofür überhaupt arbeiten gehen? Nun hat Ihre Zeitung die feministische Lust am Opfersein ausführlichst bedient bzw. sich damit identifiziert. Frauen sind gleichberechtigt. Oder privilegiert (Wehrdienst, Pensionsalter). Oder diskriminiert (hauptsächlich in der katholischen Kirche). In Summe viel Lärm um fast nichts.