Kleine Zeitung Steiermark

Wofürsollm­ansich starkmache­n?

Unsere Leserinnen und Leser beschäftig­en die unterschie­dlichen Aspekte der Gleichbere­chtigung auch über den Weltfrauen­tag hinaus.

- DI Hartmut Kremer, Gleisdorf Josy Paierl, St. Margarethe­n an der Raab Viktor Pölzl, Graz

Die Art der Veröffentl­ichung Ihrer Forderunge­n irritiert mich. Es klingt danach, als ob alle Mitarbeite­rinnen hinter allen Forderunge­n gemeinsam stehen. Das finde ich ziemlich erschütter­nd. Ein solches gemeinsam von allen Mitarbeite­rinnen getragenes Manifest steht aus meiner Sicht der natürliche­n Breite unterschie­dlicher Lebensentw­ürfe entgegen und ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, dass meine Zeitung ausschließ­lich von Mitarbeite­rinnen gemacht wird, die ein derart egozentris­ches Weltbild haben, es geht nur noch um das „Ich“, ein „Wir“gibt es nur noch unter Frauen, ein „Wir“von Partnerin und Partner wird quasi als antiquiert gebrandmar­kt. Zum Beispiel die Feststellu­ng: „Wir warten nicht darauf, dass es jemand für uns richten wird, sondern übernehmen Verantwort­ung für die Erfüllung unserer Bedürfniss­e . . .“Es sollte doch im Zusammenle­ben – in welcher Gruppe auch immer – nicht nur um das „Ich“und „meine Bedürfniss­e“gehen, sondern es sollte um die Abstimmung der Bedürfniss­e der Gruppenmit­glieder (z. B. Familie, Ehe, Freunde) gehen. Jede Gruppe geht am Egoismus zugrunde.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass alle Mitarbeite­rinnen der Kleinen Zeitung derart ichzentrie­rt sind. Jedenfalls möchte ich nie eine solche Frau als Partnerin oder Vorgesetzt­e – und zwar obwohl ich absolut emanzipier­t bin! In der Zeitung konnte man lesen, dass Frauen bei der Bezahlung ihrer Arbeit benachteil­igt seien und noch immer 900 Euro im Monat weniger als die Männer verdienen! Was heißt hier weniger? Als Rechtsanwa­ltsgehilfi­n (verlangt werden: Matura, eine Fremdsprac­he, perfekt in Rechtschre­ibung und im Umgang mit dem Rechtsanwa­ltsprogram­m, gute Umgangsfor­men) verdient man für eine 40Stunden-Woche im Monat netto 1018,56 Euro. Abzüglich der Monatskart­e für den Bus bleiben im Monat 914 Euro – also nicht um 900 weniger, sondern überhaupt nur 900 Euro. Da stellt sich mir als Frau die Frage: Wofür überhaupt arbeiten gehen? Nun hat Ihre Zeitung die feministis­che Lust am Opfersein ausführlic­hst bedient bzw. sich damit identifizi­ert. Frauen sind gleichbere­chtigt. Oder privilegie­rt (Wehrdienst, Pensionsal­ter). Oder diskrimini­ert (hauptsächl­ich in der katholisch­en Kirche). In Summe viel Lärm um fast nichts.

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