Riskantes Votum
gen, seit Jänner 2016 ist er vorläufig in Kraft, alle EU-Staaten haben das Abkommen gebilligt. Bis auf die Niederlande. Dort stimmen die Wähler heute ab.
Und das rückt auch Jan Roos ins Zentrum. Der 39-jährige Unternehmersohn machte als frecher Sportjournalist Karriere, ein bisschen zu frech und politisch unorthodox für die braven niederländischen Medien, und so dockte Roos beim rechtspopulistischen Blog „Geen Stijl“– kein Anstand – an. „Ich kann schnell denken und sprechen“, so Roos. Manchmal zu schnell. Etwa beim Ukraine-Referendum. Geen Stijl polemisierte gegen den EU-Vertrag und sammelte die für ein Referendum in den Niederlanden notwendigen 300.000 Stimmen. Der Assoziationsvertrag sei der erste Schritt zu einer Vollmitgliedschaft der Ukraine in der EU, warnten die Blogger, und machten das Votum zugleich zu einer heimlichen Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft.
Eine EU-Mitgliedschaft stehe „in den nächsten zwanzig, fünfundzwanzig Jahren“nicht an, versuchte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Anfang März in Den Haag zu beruhigen. Nützte aber nichts. Die Populisten machen mobil und erobern nicht nur die Straßen. Sie bedienen sich längst der Mittel der direkten Demokratie.
Mehrheit gegen den Vertrag
Die Umfragen verheißen nichts Gutes. Demnach sprechen sich 47 Prozent gegen das Abkommen aus, 36 Prozent dafür. Nur drei Prozent gaben an, überhaupt zu wissen, worum es im Vertrag geht. So bleibt den regierenden Liberalen und Sozialdemokraten für das Votum nur eine Hoffnung: eine niedrige Wahlbeteiligung. Wird das Quorum von 30 Prozent der Wähler verfehlt, gilt das Referendum als gescheitert. Europa hofft auf die Stubenhocker.
Ein riskantes Spiel. Denn die Konsequenzen eines Nein wären enorm. Für die Niederlande, die EU und die Ukraine. Der Ausgang ist zwar nicht zwingend, aber die Sozialdemokraten als kleiner Koalitionspartner haben bereits klargemacht, das Ergebnis zu respektieren. Die Regierung des in der Kampagne unentschlossenen Premiers Mark Rutte könnte wackeln.
Auch Europa denkt ungern zurück: 2005 fiel die EU-Verfassung beim niederländischen Volk durch. Nichts wäre es mit europäischer Harmonie im Vorfeld des Referendums über den britischen Verbleib in der EU im Juni. Auch die ohnehin unglückliche EU-Ostpolitik stünde vor neuen Herausforderungen. Gerade in der Ukraine, gerade für die Niederlande. Beide Länder sind seit dem Abschuss des Verkehrsfliegers MH17 über der Ostukraine 2014 schicksalhaft verbunden. Das interessiert die Blogger aber nicht. „Ich habe die Neigung, mich selbst zu übertönen“, so Roos. Zwischentöne stören nur.