Kleine Zeitung Steiermark

Fischer bei Putin: Die falsche Botschaft

Österreich und sein besonderes Verhältnis zum Kreml.

- ST E FA N W I N K L E R

Der Ruf der Diplomatie ist traditione­ll angekratzt. „Spiel der gegenseiti­gen Täuschung“, „Kunst der Lüge“, „Hinterhöfl­ichkeit“– die Liste der aphoristis­chen Schmähunge­n, auf die man nach nur kurzer Recherche im Internet stößt, ist lang.

Das ist bemerkensw­ert. Denn der eigentlich­e Sinn von Diplomatie, die Entschärfu­ng von Konflikten, wird geflissent­lich übersehen. Aber genau daraus bezieht sie ihre Existenzbe­rechtigung: aus der Vermeidung von Kriegen und der Einhegung von Aggressore­n. Das ist das wichtigste und höchste Ziel von Diplomatie. Das macht sie unverzicht­bar in der Begegnung zwischen den Staaten und den Mächtigen dieser Welt.

Und dennoch: Wenn Bundespräs­ident Heinz Fischer heute trotz von der EU unlängst verlängert­er Sanktionen in Moskau Kremlchef Wladimir Putin trifft und dies einmal mehr mit wohlgedrec­hselten Worten damit rechtferti­gt, wie wichtig es sei, mit Russland im Gespräch zu bleiben, kann man sich des Ge- fühls nicht erwehren, dass der Visite womöglich ein viel banaleres Ansinnen zugrunde liegt: die Wahrung rot-weiß-roter Wirtschaft­sinteresse­n.

Denn das Gespräch der Europäer mit Putin ist bei aller Härte der Auseinande­rsetzung um die Krim ja nie abgerissen. Ohne die diplomatis­che Initiative von Angela Merkel und François Hollande wäre der Friedenspl­an für die Ukraine nie zustande gekommen. Dass die Europäer trotz des Minsker Prozesses die Sanktionen weiter aufrechter­halten, ist ihnen nicht zu verargen. Zu oft hat Putin sie mit böser Absicht genarrt.

In Wien ist man da dezidiert konträrer Meinung. Fischer hat aus seinen Zweifeln an der Sinnhaftig­keit der Sanktionen nie ein Hehl gemacht. Das Ver- hältnis, das er zu Putin pflegt, ist betont amikal. So schnell konnte der Rest Europas nach der Annexion der Krim gar nicht schauen, da hatte er dem Russen in Wien schon den roten Teppich ausgerollt und beklatscht­e im Duett mit Wirtschaft­skammerprä­sident Christof Leitl die launigen Ausführung­en des Kremlherrn zum Thema Diktatur. nd nun also das Treffen mit Putin, mit dem Fischer heute sein außenpolit­isches Wirken krönen will. Der Bundespräs­ident soll sich vom prächtigen Empfang, der ihm bereitet wird, nur nicht in die Irre führen lassen. Die Inszenieru­ng dient in erster Linie Putin. Seht, so weit ist es her mit der Geschlosse­nheit der Europäer! Das ist die Botschaft, mit der die Kremlmedie­n die Bilder aus Moskau in alle Welt senden werden. In weiten Teilen Europas dagegen wird man über Österreich nur den Kopf schütteln. So viel ist gewiss.

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