Im Falle des Falles: Notruf ohne Worte ist kaum möglich
Lautlos Hilfe holen per SMS oder E-Mail? In Österreich gibt es dafür nur eine Nummer.
Wenn es darum geht, die Polizei zu erreichen, ist die Situation heute die gleiche wie vor 70 Jahren.“Diese Feststellung machte vor wenigen Wochen erst der Brandenburger CDU-Abgeordnete Sven Petke und sprach damit ein Thema an, das durch einen Vorfall vor wenigen Tagen in Kärnten auch für Österreich ins Blickfeld rückte: Wie berichtet, war eine Klagenfurterin vor ihrem Mann, der sie mit einer Pistole bedrohte, ins Schlafzimmer geflüchtet und hatte – um leise zu sein – versucht, die Polizei per SMS zu erreichen.
Es gelang ihr nicht. In Österreich gibt es dafür eine einzige Möglichkeit, die eigentlich für Gehörlose eingerichtet wurde: SMS-Nachrichten können an 0800-133 133 geschickt werden, landen in Wien und werden an die zuständigen Kommandos in den Bundesländern weitergeleitet. Nach einem Anlassfall in Deutschland hatte man damit argumentiert, dass inzwischen viele Telefone und selbst gängige Autos Funktionen haben, mit denen SMS-Texte mit einer Computerstimme laut vorgelesen werden können. In Brandenburg prüft man seither die Kommunikation über die Nachrichtenplattform WhatsApp, in BadenWürttemberg wird an einer neuen Notruf-App gearbeitet.
Dialogbasierend
In Österreich gibt es solche Projekte nicht. Man sei zwar immer dabei, technische Anpassungen vorzunehmen und die Einsatzzentralen auf dem neuesten Stand zu halten, aber eine Nutzung von Social-Media-Kanälen für Notrufe sei derzeit nicht vorgesehen, sagt Karl-Heinz Grund- böck, Sprecher des Innenministeriums: „Eine Anzeige lässt sich persönlich, schriftlich oder am Telefon erstatten.“Grundböck verweist darauf, dass etwa das Bundeskriminalamt Facebook nutze oder die Landespolizeidirektion Wien einen Twitter-Account betreibt, Notrufe seien über diese Schienen aber nicht sinnvoll: „Im Notfall geht es um den direkten Dialog.“
In der Polizei-App, die gratis auf jedes Smartphone geladen werden kann, ist ein eigener „Notfall-Knopf“auf der Startseite. Immerhin sollte es inzwischen relativ rasch möglich sein, den Standort eines Handys zu orten – solange der konkrete Hinweis auf einen Notfall vorliegt.
Beim Autofahrerclub ÖAMTC beschäftigt man sich ebenfalls mit der Problematik, berichtet Experte Jakob Pflegerl. Dort geht es im Gegensatz zu Polizeieinsätzen zwar nicht um Sekunden, aber über eine eigene App (Vorregistrierung aller relevanten Daten möglich) kann ebenso ein Hilferuf samt Geoposition abgesetzt werden wie – für Auslandsnotrufe – über E-Mail. Nachrichten per Fax oder SMS sind über 0800-133 133 möglich. Auch über die Webseite kann man sich melden. Pflegerl: „Davon wird aber nur sehr selten Gebrauch gemacht.“