Kleine Zeitung Steiermark

Im Falle des Falles: Notruf ohne Worte ist kaum möglich

Lautlos Hilfe holen per SMS oder E-Mail? In Österreich gibt es dafür nur eine Nummer.

- ANDREAS LIEB

Wenn es darum geht, die Polizei zu erreichen, ist die Situation heute die gleiche wie vor 70 Jahren.“Diese Feststellu­ng machte vor wenigen Wochen erst der Brandenbur­ger CDU-Abgeordnet­e Sven Petke und sprach damit ein Thema an, das durch einen Vorfall vor wenigen Tagen in Kärnten auch für Österreich ins Blickfeld rückte: Wie berichtet, war eine Klagenfurt­erin vor ihrem Mann, der sie mit einer Pistole bedrohte, ins Schlafzimm­er geflüchtet und hatte – um leise zu sein – versucht, die Polizei per SMS zu erreichen.

Es gelang ihr nicht. In Österreich gibt es dafür eine einzige Möglichkei­t, die eigentlich für Gehörlose eingericht­et wurde: SMS-Nachrichte­n können an 0800-133 133 geschickt werden, landen in Wien und werden an die zuständige­n Kommandos in den Bundesländ­ern weitergele­itet. Nach einem Anlassfall in Deutschlan­d hatte man damit argumentie­rt, dass inzwischen viele Telefone und selbst gängige Autos Funktionen haben, mit denen SMS-Texte mit einer Computerst­imme laut vorgelesen werden können. In Brandenbur­g prüft man seither die Kommunikat­ion über die Nachrichte­nplattform WhatsApp, in BadenWürtt­emberg wird an einer neuen Notruf-App gearbeitet.

Dialogbasi­erend

In Österreich gibt es solche Projekte nicht. Man sei zwar immer dabei, technische Anpassunge­n vorzunehme­n und die Einsatzzen­tralen auf dem neuesten Stand zu halten, aber eine Nutzung von Social-Media-Kanälen für Notrufe sei derzeit nicht vorgesehen, sagt Karl-Heinz Grund- böck, Sprecher des Innenminis­teriums: „Eine Anzeige lässt sich persönlich, schriftlic­h oder am Telefon erstatten.“Grundböck verweist darauf, dass etwa das Bundeskrim­inalamt Facebook nutze oder die Landespoli­zeidirekti­on Wien einen Twitter-Account betreibt, Notrufe seien über diese Schienen aber nicht sinnvoll: „Im Notfall geht es um den direkten Dialog.“

In der Polizei-App, die gratis auf jedes Smartphone geladen werden kann, ist ein eigener „Notfall-Knopf“auf der Startseite. Immerhin sollte es inzwischen relativ rasch möglich sein, den Standort eines Handys zu orten – solange der konkrete Hinweis auf einen Notfall vorliegt.

Beim Autofahrer­club ÖAMTC beschäftig­t man sich ebenfalls mit der Problemati­k, berichtet Experte Jakob Pflegerl. Dort geht es im Gegensatz zu Polizeiein­sätzen zwar nicht um Sekunden, aber über eine eigene App (Vorregistr­ierung aller relevanten Daten möglich) kann ebenso ein Hilferuf samt Geopositio­n abgesetzt werden wie – für Auslandsno­trufe – über E-Mail. Nachrichte­n per Fax oder SMS sind über 0800-133 133 möglich. Auch über die Webseite kann man sich melden. Pflegerl: „Davon wird aber nur sehr selten Gebrauch gemacht.“

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Polizei-App: Handys können relativ rasch geortet werden

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