Kleine Zeitung Steiermark

Muss prüfen, was er spritzt“

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Ich frage mich, was Sie überhaupt kommunizie­rt haben, denn irgendwie haben Sie von wenig eine Ahnung.“

en. Er habe es bejaht – was er als Zeuge energisch bestreitet: „Ich habe diese Frage nie gehört.“

Sie sei keine Hämatologi­n, verantwort­et sich die Ärztin, und müsse die Mittel daher gar nicht kennen. Die Spritze für die intravenös­e Verabreich­ung hätte da gar nicht liegen dürfen, weil sie ja nur für eine Rückenmark­sinjektion angeforder­t worden war. Dass Spritzen für die Injektion ins Rückenmark eine andere Farben haben, „das weiß ich nicht“, sagt sie auf Frage von Richterin Julia Riffel. Das Etikett auf der Spritze habe sie auch nicht gelesen. Dort steht „IV“, für „intravenös“.

Sonst überprüfe sie die Unterlagen schon, aber die gab es ja nicht. „Es ist umso sorgfaltsw­idriger, die Etiketten nicht zu lesen“, versucht die Richterin zu ihr durchzudri­ngen. „Spritzen Sie einfach, was da liegt? Sie fragen einen Arzt in Ausbildung, ob Sie das verabreich­en dürfen? Und das reicht Ihnen?“

Nicht schuldig fühlt sich auch der frühere Leiter der Hämatologi­e, der zwei Monate vor dem Vorfall aus dem Dienst ausgeschie­den ist. Auch sein Nachfolger sitze zu Unrecht da, sagt dessen Anwalt. Auch wenn die WHO empfiehlt, das Mittel als Kurzinfusi­on und nicht als Spritze zu verabreich­en, um Verwechslu­ngen zu vermeiden. Das sei nur eine Empfehlung und „nicht ärztlicher Standard“. Die kolportier­ten 55 Todesfälle seit dem Jahr 2000 seien 55 auf sieben Milliarden Menschen. Sein Mandant habe bei Amtsantrit­t ein Qualitätsm­anagement installier­t, könne aber nicht „jedem Oberarzt hinterherl­aufen“.

Zwei Monate vorher soll eine ähnliche Verwechslu­ng durch die Aufmerksam­keit eines Arztes gerade noch verhindert worden sein. „Dann verstehe ich nicht, warum keiner ,Feuer!‘ geschrien hat“, sagt der Leiter. Er wisse nichts davon.

Der Opfervertr­eter nennt die Verantwort­ung der Oberärztin einen „untauglich­en Versuch, Schuld abzuwälzen“. Und den Richterin Julia Riffel zu einem aussagende­n Arzt leitenden Ärzten gibt er mit: „Sie hätten es in der Hand gehabt, diese Tragödie zu verhindern.“

Wenig vertrauene­rweckend ist, was zu den damaligen Zuständen zutage kommt: Der Patient sollte am selben Tag heimgehen, war aber pro forma „stationär“, nur ohne Bett, ein Assistenza­rzt weiß nicht, ob er die gelieferte­n Chemothera­piemittel hätte prüfen müssen. „Jeder Arzt muss selber prüfen, was er spritzt.“Die Verteidige­rin fragt eindringli­ch, ob ein Dokument nachträgli­ch angefertig­t wurde, ob Zeugen vom Arbeitgebe­r „präpariert“wurden. Die Antwort ist: „Nein!“

„Der Gesundheit­sbereich ist ein System mit hohem Risiko“, resümiert der Leiter. „Risikomana­gement ist nie abgeschlos­sen.“Der Prozess ist es auch noch nicht: Er wird vertagt.

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