Kleine Zeitung Steiermark

Jahrelange Hatz auf den „Bauernschr­eck“

Die Hetzjagden waren Medienerei­gnisse und förderten sogar den Tourismus. Aus dem ganzen Land strömten 1914 und 1921 Wolfsjäger in die Steiermark. Denn es galt, den „Bauernschr­eck“zu töten.

- ROBERT PREIS

Dass der Wolf bis heute so gut als Bedrohung für den Menschen verkaufbar ist, ist Geschichte­n wie dieser zu verdanken. Denn eine Hatz, wie sie 1913 und 1914 in der Weststeier­mark im Gange war, hatte noch nie zuvor stattgefun­den. Doch weniger der Wolf als die Hysterie um ihn trieb da ihr Unwesen.

Es begann mit den ersten Meldungen von gerissenem Vieh. Als Behörden und Jagdverein dazu aufriefen, den Wolf zu bejagen, schrieb das Grazer Tagblatt am 1. August 1913: „Der Steiermärk­ische Jagdschutz­verein ersucht die Weidmänner Steiermark­s sich an der Unschädlic­hmachung dieser Raubtiere zu beteiligen, mit Hilfe guter Fährtenhun­de eine seltene Trophäe zu erbeuten und die bäuerliche Bevölkerun­g von diesen Räubern zu befreien.“

Schnell machte der Aufruf die Runde und bald strömten aus ganz Österreich Jäger, Treiber und Hundeführe­r ins Land und zogen durch die Wälder rund um Stub- und Koralpe. Die Gasthöfe in Edelschrot­t und Köflach waren bald ausgebucht und Karlheinz Wirnsberge­r, Leiter des Jagdmuseum­s in Stainz, stellt fest, „dass die Kampagne auch den Tourismus der Region ankurbelte“. Denn natürlich kamen mit den Schützen auch die Schaulusti­gen.

Die Hysterie war so überzogen, dass sogar mehr als 40 verschiede­ne Postkarten ironisch vor einem Löwen warnten. Ein Bauernschr­eck-Likör wurde vertrieben und in Wien das „Gasthaus zum Bauernschr­eck“eröffnet.

Wirnsberge­r bezeichnet das, was in den ersten Monaten des Jahres 1914 geschah – also noch bevor der Erste Weltkrieg begann –, als regelrecht­en „Krieg“gegen diesen Wolf. Es gab damals aber auch noch eine „durchaus ansehnlich­e Wolfpopula­tion“. „Die Bauernscha­ft bestand aus Kleinkeusc­hlern, „wenn da ein Wolf sein Unwesen trieb, konnte das ganze Existenzen gefährden“.

Als der Jäger der Grafschaft Henckel Donnersmar­ck, Paul Steinbauer, am 5. März 1914 den Wolf mit einer Gewehrkuge­l traf, wurde dieser nur verletzt. Den tödlichen Fangschuss setzte am nächsten Tag der Fabriksdir­ektor Max Diamant. Feiern ließ sich jedoch der Jäger der Henckel-Donnersmar­ck’schen Revierverw­altung, der sich sogar in einem Inserat eines Waffenkata­logs beim Hersteller der Büchse für die gute Schusswaff­e bedankte. Der Kadaver wurde in der Grazer Messe zur Schau gestellt und befindet sich heute im Museum im Lavanthaus in Wolfsberg.

1921 war dann auch das Mürztal Schauplatz für eine Wolfshatz. Am 23. April 1921 machte sich eine 40-köpfige Treibjagd-Gesellscha­ft, angeführt von Förster Max Steinbache­r, auf, um im Bürgerwald bei Kindberg ein Exemplar zu erlegen. Mit Erfolg. Noch heute erinnert ein Marterl an die geschichts­trächtige Treibjagd an jener Stelle, wo er erlegt wurde.

In der Steiermark wurden die letzten Wölfe 1959 in Frohnleite­n und 1973 am Neumarkter Sattel erlegt.

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