Jahrelange Hatz auf den „Bauernschreck“
Die Hetzjagden waren Medienereignisse und förderten sogar den Tourismus. Aus dem ganzen Land strömten 1914 und 1921 Wolfsjäger in die Steiermark. Denn es galt, den „Bauernschreck“zu töten.
Dass der Wolf bis heute so gut als Bedrohung für den Menschen verkaufbar ist, ist Geschichten wie dieser zu verdanken. Denn eine Hatz, wie sie 1913 und 1914 in der Weststeiermark im Gange war, hatte noch nie zuvor stattgefunden. Doch weniger der Wolf als die Hysterie um ihn trieb da ihr Unwesen.
Es begann mit den ersten Meldungen von gerissenem Vieh. Als Behörden und Jagdverein dazu aufriefen, den Wolf zu bejagen, schrieb das Grazer Tagblatt am 1. August 1913: „Der Steiermärkische Jagdschutzverein ersucht die Weidmänner Steiermarks sich an der Unschädlichmachung dieser Raubtiere zu beteiligen, mit Hilfe guter Fährtenhunde eine seltene Trophäe zu erbeuten und die bäuerliche Bevölkerung von diesen Räubern zu befreien.“
Schnell machte der Aufruf die Runde und bald strömten aus ganz Österreich Jäger, Treiber und Hundeführer ins Land und zogen durch die Wälder rund um Stub- und Koralpe. Die Gasthöfe in Edelschrott und Köflach waren bald ausgebucht und Karlheinz Wirnsberger, Leiter des Jagdmuseums in Stainz, stellt fest, „dass die Kampagne auch den Tourismus der Region ankurbelte“. Denn natürlich kamen mit den Schützen auch die Schaulustigen.
Die Hysterie war so überzogen, dass sogar mehr als 40 verschiedene Postkarten ironisch vor einem Löwen warnten. Ein Bauernschreck-Likör wurde vertrieben und in Wien das „Gasthaus zum Bauernschreck“eröffnet.
Wirnsberger bezeichnet das, was in den ersten Monaten des Jahres 1914 geschah – also noch bevor der Erste Weltkrieg begann –, als regelrechten „Krieg“gegen diesen Wolf. Es gab damals aber auch noch eine „durchaus ansehnliche Wolfpopulation“. „Die Bauernschaft bestand aus Kleinkeuschlern, „wenn da ein Wolf sein Unwesen trieb, konnte das ganze Existenzen gefährden“.
Als der Jäger der Grafschaft Henckel Donnersmarck, Paul Steinbauer, am 5. März 1914 den Wolf mit einer Gewehrkugel traf, wurde dieser nur verletzt. Den tödlichen Fangschuss setzte am nächsten Tag der Fabriksdirektor Max Diamant. Feiern ließ sich jedoch der Jäger der Henckel-Donnersmarck’schen Revierverwaltung, der sich sogar in einem Inserat eines Waffenkatalogs beim Hersteller der Büchse für die gute Schusswaffe bedankte. Der Kadaver wurde in der Grazer Messe zur Schau gestellt und befindet sich heute im Museum im Lavanthaus in Wolfsberg.
1921 war dann auch das Mürztal Schauplatz für eine Wolfshatz. Am 23. April 1921 machte sich eine 40-köpfige Treibjagd-Gesellschaft, angeführt von Förster Max Steinbacher, auf, um im Bürgerwald bei Kindberg ein Exemplar zu erlegen. Mit Erfolg. Noch heute erinnert ein Marterl an die geschichtsträchtige Treibjagd an jener Stelle, wo er erlegt wurde.
In der Steiermark wurden die letzten Wölfe 1959 in Frohnleiten und 1973 am Neumarkter Sattel erlegt.