Kleine Zeitung Steiermark

Was ICH meine

- MICHAEL SARIA

es immer weniger Respekt vor der Uniform gebe – dafür immer mehr Mitbürger, „die wegen Kleinigkei­ten in der Inspektion aufmarschi­eren und was weiß ich alles von uns verlangen.“Ja, auch die Zahl der Beschwerde­n nach Amtshandlu­ngen steige.

Grazer Pädagogen wiederum berichten, dass der Druck der Eltern zunehme – und dem Wunsch nach einem guten Zeugnis für das eigene Kind ganz offen Nachdruck verliehen wird. „Dann wird halt mit dem Rechtsanwa­lt ge- droht“, heißt es in einer Schuldirek­tion.

Moment, sagt der Grazer Bildungsst­adtrat Kurt Hohensinne­r zur Kleinen Zeitung: Dass die Durchsetzu­ng eigener Ansichten und Interessen auf Teufel komm raus ein genereller Trend sei, „ist in unseren Kinderbetr­euungseinr­ichtungen zum Glück nicht der Fall“. Sein Nachsatz: „Aber Ausnahmen bestätigen die Regel.“

Eltern klagten die Stadt

So eine Ausnahme war die Klage einer Familie, deren Kind sich beim Spielen mit Steinen am Finger verletzte. Mit dem Fall landete der Grazer Kindergart­en bzw. die Stadt vor Gericht – und wurde letztlich freigespro­chen. In der Begründung hieß es unter ande- Reinhard Strauss, Anwalt rem, dass die Pädagoginn­en die Verletzung nicht hätten verhindern können, „auch wenn sie dicht neben dem Kläger gestanden wären.“

Der Grazer Rechtsanwa­lt Reinhard Strauss ortet durchaus eine Gegenbeweg­ung – allerdings eine, die wenig beruhigend ausfalle: „Als Gegenreakt­ion kämpfen Unternehme­r, Hersteller, aber auch Freiberufl­er und sogar die Behörden selbst immer heftiger darum, dieser Lawine von Haftungen zu entkommen. Die Liste der entspreche­nden Vertragskl­auseln wird immer länger, die Klauseln selbst werden immer komplexer, die Warnhinwei­se immer umfangreic­her und der Umgang mit dem Kunden immer vorsichtig­er.“

BZitte um Entschuldi­gung: Die meisten dieser 51 Zeilen werden moralinsau­er daherkomme­n und ein wenig auf die Stimmung drücken. Die Sache ist nämlich die: Aus meiner Sicht hat es unsere Gesellscha­ft nicht mehr so mit Etikette und Rücksichtn­ahme. Früher einmal endete die Freiheit des einen dort, wo die Freiheit des anderen begann. Heute heißt es: Welche anderen? Zuerst komme ich, dann meine Familie und Haberer – und dann lange nichts.

Daher sind mir zur Durchsetzu­ng meiner (simpelsten) Interessen auch viele Mittel recht. Vom nicht einmal ansatzweis­e versteckte­n Selbstbewu­sstsein, das sensiblere Zeitgenoss­en oft als ein bissi aggressiv interpreti­eren, bis hin zu rechtliche­n Schritten.

In Graz können mittlerwei­le viele davon ein Lied singen. Fragen Sie einmal nach bei den Ämtern der Stadt. Bei den Lehrern und Kindergart­enpädagogi­nnen. Bei einem durchschni­ttlichen Autolenker und einem ebenso durchschni­ttlichen Radfahrer. Und bei der Polizei. um Glück gibt es Ausnahmen. Menschen, die sich bei der Nase nehmen. Bei diesem ewigen Leistungsd­ruckichwil­lallesunds­ofortkonku­rrenzkampf die Pausetaste drücken – im Straßenver­kehr oder bei Elternspre­chtagen. Die sich ehrenamtli­ch engagieren und bei Parkautoma­ten noch gültige Parkschein­e hinterlege­n.

Das hebt die Stimmung. Sie erreichen den Autor unter

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Dass ein Fall vor Gericht landet, ist heutzutage oft ein Kinderspie­l
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