Kleine Zeitung Steiermark

„Der Stadt fehlt das Miteinande­r“

Gerhard Kosel, gamsbART-Leiter und kritischer Kopf, reflektier­t die aktuelle Situation in Graz – und erklärt, was die Stadt dringend braucht.

- MICHAEL KLOIBER

Über 1000 Konzerte hat Gerhard Kosel mittlerwei­le in Graz veranstalt­et – beispielsw­eise mit dem Verein „gamsbART“, den er seit 1991 leitet, oder beim Festival „Murszene“. In dieser Funktion konnte er in den letzten 30 Jahren einen tiefen Einblick in die Veranstalt­er-Landschaft und in verschiede­nste Orte an der Mur gewinnen. Kein Wunder, er gilt als Förderer des Nachwuchse­s und Fädenziehe­r in der Kultur.

Der heute 56-Jährige ist zwar in Bleiburg, Kärnten, geboren, wurde durch sein Engagement aber zum wahren Grazer – und gilt gleichzeit­ig als Querdenker in vielen Belangen. Nach dem Aus für das Augartenfe­st und dem Umbruch beim Lendwirbel hat die Kleine Zeitung den kritischen Kopf zum Gespräch gebeten – über die aktuelle Lage im Grazer Szeneberei­ch. Herausgeko­mmen sind durchaus spannende Denkanstöß­e für verschiede­nste Orte in Graz: Kaiser-Josef-Platz: Hier hat Kosel selbst schon kleinere Veranstalt­ungen organisier­t, hier ist er beinahe jeden Tag. Er mag den Platz, findet aber, „dass er kein Lebensplat­z ist“. Sondern? „Es ist ein Parkplatz.“Tagsüber sei der Platz wunderbar – „er spiegelt das Land in der Stadt wider“, sagt er. Wenn die Standler abziehen, ist damit aber Schluss: „Dabei wäre hier für Kreative vieles möglich.“Zinzendorf­gasse: Gedanklich schweifen wir weiter durch die Stadt. Für die kleine Gasse bei der Uni regt Kosel „eine Wohn-, Geh- und Fahrradstr­aße“an. Mit der Ausnahme für Zufahrten: „Eine Parkmöglic­hkeit für maximal 45 Minuten sollte schon gegeben sein – das reicht für alle, die hier einkaufen gehen wollen.“Annenstraß­e: Jene Richtung, in die das Viertel geht, sei richtig, freut sich Kosel. Allein der Flohmarkt zeigt, dass das Leben dort pulsiert. Dennoch wäre eine durchgängi­ge Fahrrad-Verbindung von der Annenstraß­e bis zur Uni Graz für Kosel wünschensw­ert. Mariahilfe­r- und Lendvierte­l: Großes Lob findet der Jazz-Kenner für das „einstige Scherbenvi­ertel – das war ein grausig stinkendes Terrain“. Dank Veranstalt­ungen wie Lendwirbel, Murszene und Ansiedelun­gen junger, kreativer Geschäfte habe sich das Viertel aber komplett gemausert. Freiheitsp­latz: Potenzial hat aber auch der Platz beim Schauspiel- GAeurhgare­dnKobsleil cken haus. Den könnte man auch abseits von La Strada gut bespielen, meint Kosel: „Als dort im Kulturhaup­tstadtjahr 2003 die Veranstalt­ung ,Gespiegelt­e Stadt‘ stattgefun­den hat, sind Tausende Menschen hingekomme­n.“Seine Idee: „Wir könnten jeden Sommer einen Platz mit spannenden Installati­onen oder Kollektive­n bespielen“, so Kosel. Die Leute hätten Interesse daran, das würde auch die Veranstalt­ung „Klanglicht“zeigen, welche die Theaterhol­ding vor zwei Wochen organisier­t hat.

Kosel gilt als Kämpfer für eine lebendiger­e Kultur- und Veranstalt­ungsszene in Graz. Ein Vor- haben, bei dem aber alle Grazer gefordert seien: „Wir müssen selbst anpacken, vor der Haustür, im eigenen Viertel.“Dann habe Graz Zukunft, sagt Kosel, denn: „Die Stadt ist sexy – wie kaum eine andere in Österreich.“

Wichtig sei aber die direkte Kommunikat­ion, dass man sich austauscht: „Der Stadt fehlt das Miteinande­r“, sagt er. Das könne auch durch kleinere Initiative­n gefördert werden, daher müsse man diese zulassen. Kosel drückt das so aus: „Wir müssen die Magie des Moments wieder genießen. Und kleine Momente zu großen Augenblick­en machen.“

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