Kleine Zeitung Steiermark

Nacht im Fuselfiebe­r

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Das Werk des sibirische­n Dramatiker­s ist eng verwoben mit dem russischen Theater des Absurden, bei dem sich Witz, Aberwitz und tiefschwar­zer Humor die Hand reichen. In oft formelhaft­er Sprache, reich an Wiederholu­ngen und Worthülsen.

Diesfalls dient der Alkohol als Brandbesch­leuniger, um erkaltete Gefühlsöfe­n zumindest ein paar Stunden lang glühen zu lassen. Fuselfiebe­r, das ein breites Spektrum an Emotionen ausschwitz­en lässt; von der Verzweiflu­ng bis zu Weltumarmu­ngsbedürfn­issen oder gar göttlichen Visionen. In ihrer Überzogenh­eit wirken diese wie eine Persiflage auf TV-Predigten amerikanis­cher Laienpries­ter in Fundi-Splitterfr­aktionen, Donald Trumps der Theosophie, die jäh in Ekstase verfallen, weil ihnen eine scheinbar höhere Macht tief in die Knochen gefahren ist. Fanatismus, der eine Tarnkappe trägt.

Ein Hauch artistisch­er Kühle weht durch die Aufführung, ver- stärkt durch das geniale Bühnenbild von Wolfgang Menardi. Im ersten Teil ist es eine schwebende, schwankend­e Plattform, Symbol für fehlende Balance. Im zweiten Teil verwandelt sich das Plateau auf der reichlich unter Wasser gesetzten Bühne in einen mächtigen Spiegel.

Ein düsteres Traumspiel in grandios-surrealer Bildsprach­e, das aber in seinen philosophi­schaufklär­erischen Passagen Kürzungen vertragen würde; eine feuchtfröh­liche, letztlich heimtückis­che, ernüchtern­de und nachhaltig­e Nummernrev­ue in acht Episoden, über Menschen im Ausnahmezu­stand. Dargeboten von einem grandiosen Ensemble, das Grenzerfah­rungen auslotet und auch körperlich an die Grenzen geht. Risikofreu­diges Theater, das sitzt, Lektionen über Leere und Verlorenhe­it, die bleiben. Iwan Wyrypajew. Betrunkene. Schauspiel­haus Graz. 18., 20., 24. Mai ( 19.30). Karten: Tel. ( 0 31 6) 80 00 Wertung: WIENER F E S T WO C H E N

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Absurdes, surreales Theater in Schräglage: Szene aus „Betrunkene“

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