Von der Schirmherrschaft
Evon Paul Schirnhofer, das ihn mit Sandalen und einem seltsam geformten Schirm im Grazer Stadtpark zeigt. Setz besitzt eine kleine Kollektion solcher Schirme, darunter auch einen, den er bloß in seiner Erinnerung verwahrt.
Er stammt aus dem Magritte Museum in Brüssel und zeigt, wenn man ihn aufspannt, eine Reproduktion des berühmten Gemäldes „Golconda“: Schwarz gekleidete Männer mit schwarzen Melonen und schwarzen Aktentaschen in der Hand schweben schwerelos vor dem Hintergrund belgischer Bürgerhäuser. Ob sie wie Regen vom Himmel fallen oder aufsteigen wie Ballons, bleibt unentschieden. Setz vergaß den Schirm in seinem Hotelzimmer, trotzdem zählt er ihn seither, als unsichtbares Exemplar, zu seiner Sammlung. in Schirm, der den Regen abhält, während es gleichzeitig aus seinem Inneren schwarze Männer regnet, dürfte ganz nach dem Geschmack des Autors sein. Wann immer Setz Regenschirme ins Spiel bringt, scheint er Anleihen zu nehmen bei Magritte. Dabei schwächt er das manifest Surreale meistens ab zugunsten feiner, subtiler Abweichungen vom Erwartbaren. So eine unmerkliche Verrückung kennzeichnet auch das Fotoporträt mit Schirm. Ob es geregnet hat, als die Aufnahme gemacht wurde, ist nicht genau zu erkennen. Erkennbar ist bloß, dass da einer den Regenschirm hält, um sich vor Niederschlag zu schützen, ohne bei der Wahl des Schuhwerks die gleiche Vorsicht walten zu lassen.
Die Irritation, die vom Arrangement des Fotos ausgeht, setzt sich in die Literatur hinein fort. Im Roman „Söhne und Planeten“, dem Erstlingswerk von Clemens J. Setz, kann man nachlesen, dass Schirme auch aufgespannt werden, wenn es nicht regnet, und im jüngsten Roman „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“wird ein Schirm gar im geschlossenen Raum geöffnet, ohne ersichtlichen Grund und ohne dass das kleine Ereignis Auswirkungen hätte auf das Erzählgeschehen.
Der Regenschirm taucht nicht oft, aber mit schöner Regelmäßigkeit in den Texten von Setz auf, und immer erscheint er aus allen Zusammenhängen gefallen, entrückt in eine Sphäre des Fremden und Absonderlichen. So gesehen verwundert es nicht, dass Setz neben Magritte eine weitere Ikone des Surrealismus in seine Regenschirmwelt integriert. In der „Stunde zwischen Frau und Gitarre“zitiert er Lautréamonts absurde Metapher vom zufälligen Zu-