Freie Fahrt für ausländische Temposünder
Viele ausländische Verkehrssünder können nicht belangt werden, weil Staaten nicht mittun.
STRAFVOLLSTRECKUNG MIT HÜRDEN GRAZ. Es gibt eine Vollstreckungsverordnung der Europäischen Union, es besteht eine Richtlinie für Fahrzeughalter-Datenaustausch in 18 Ländern: Dennoch ist die Strafverfolgung von Ausländern, die in Österreich eine Verkehrsübertretung begehen, nur bedingt oder gar nicht möglich. Viele Temposünder können nicht verfolgt werden, weil die jeweiligen Staaten nicht mittun.
Reibungslos scheint die Strafverfolgung bei Verkehrsdelikten nur zwischen Österreich und Deutschland zu funktionieren. Slowenien sei auch sehr bemüht, weiß Gertrude Pfingstl, Bereichsleiterin für Strafwesen in der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung.
Für 18 Staaten gilt eine Richtlinie für Halterdaten-Austausch. In diesen Ländern können die österreichischen Behörden diverse Daten über den angezeigten Autolenker einholen. Dann bekommt der ausländische Verkehrssünder in seiner Sprache eine Anonymverfügung oder eine Lenkererhebung zugeschickt. Aber: Viele Staaten ignorieren die EU-Vollstreckungsverordnung. So zum Beispiel Frank- reich, Italien, Irland, Lettland, Rumänien, Ungarn und die Schweiz. Im Klartext: Diese Länder weigern sich, gegen ihre Staatsangehörigen ein Verfahren durchzuführen, wenn sie in Österreich beispielsweise eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben. Und: In jenen Ländern, welche im Sinne der EU-Vollstreckungsverordnung handeln, werden Temposünder erst dann verfolgt, wenn die österreichischen Behörden mindestens 70 Euro Strafe verhängt haben.
Unter 70 Euro wird seitens der ausländischen Behörden nichts unternommen. Der Temposünder entscheidet in diesem Fall selbst, ob er die Strafe einzahlt oder nicht. Grundsätzlich sei aber die Zahlungsmoral gestiegen, so Pfingstl.
Ein Temposünder bleibt in Österreich im Falle einer Anonymverfügung fünf Monate und im Falle eines Strafverfahrens fünf Jahre behördlich gespeichert. Doch der Polizei nützt das bei einer Verkehrskontrolle gar nichts, denn sie kann auf die Daten der Strafbehörden nicht zugreifen.