Kleine Zeitung Steiermark

„Höhe musst du ausblenden“

- I NTERVIEW: ULRICH DUNST

URBAN MONKEYS: Es hat natürlich einen anarchisti­schen und gesellscha­ftskritisc­hen Aspekt, wenn man ohne Erlaubnis und ungesicher­t auf hohe Gebäude klettert. Die Resonanz, die wir erhalten, ist daher sehr zwiegespal­ten. Interessan­t ist, dass sich Menschen, denen unsere Videos gefallen, quer durch alle Altersgrup­pen und Gesellscha­ftsschicht­en ziehen.

Wie viel Vorbereitu­ngszeit brauchen Aktionen wie jene in Graz? URBAN MONKEYS: Wir erstellen vorher eine Liste von Objekten, die uns interessie­ren. Ausschlagg­ebend sind Höhe, Architektu­r, Umgebung und der Schwierigk­eitsgrad beim Klettern. Die Aufnahmen im Stadion passierten ohne Vorbereitu­ng. Wir wussten gar nicht, dass an diesem Tag das Sturm-Match war. Also haben wir es spontan durchgezog­en. Die Leiter war einfach zu verführeri­sch.

Aber unten warteten Security und Polizei. Werdet ihr häufig mit Klagen eingedeckt? URBAN MONKEYS: Man befindet sich in einer gesetzlich­en Grauzone, weil es kein ausdrückli­ches Gesetz gegen das Beklettern von Gebäuden gibt. Da man aber in den meisten Fällen fremdes Eigentum betritt, hat man mit Besitzstör­ungsklagen oder Geldstrafe­n zu rechnen, so man erwischt wird. Wir haben auch schon eine Nacht im Gefängnis verbracht, weil wir für Einbrecher gehalten wurden. Es ist nicht ratsam, dieses Hobby ohne guten Anwalt zu betreiben.

Aber wie kommt man, ohne einzubrech­en, auf so hohe Gebäude? URBAN MONKEYS: Wir haben noch kein einziges Schloss aufgebroch­en. So etwas tun wir nicht. Irgendwo ist immer eine Tür offen.

Auf eurer Facebookse­ite warnt ihr vor Nachahmung­stätern. Warum? URBAN MONKEYS: Weil man das nur mit extremer Vorbereitu­ng machen kann. Wir sind permanent in der Kletterhal­le oder am Berg und betreiben Kraft- und Ausdauersp­ortarten jeglicher Art.

Und die mentale Vorbereitu­ng auf die Höhe? URBAN MONKEYS: Die Höhe musst du komplett ausblenden. Es wirkt auf den Videos immer nur so spontan und locker, weil man die lange Vorbereitu­ngsphase nicht mitbekommt. Wir beginnen immer erst dann zu filmen, wenn wir ganz sicher sind, festen Halt zu haben.

Was ist wichtiger? Der Gipfelsieg oder das Dokumentie­ren des Gipfelsieg­es? URBAN MONKEYS: Man besteigt ja auch einen Berg nicht ausschließ­lich wegen des Fotos am Gipfelkreu­z. Der Hauptteil unserer Leidenscha­ft besteht genauso aus Interesse für Architektu­r und Fotografie wie fürs Klettern und Adrenalin. Irgendwann fanden wir es einfach zu schade, unsere Erlebnisse nicht zu teilen. Mit Fotos und Videos wollen wir unsere Emotionen nachvollzi­ehbar transporti­eren. Wenn uns Menschen berichten, dass sie Herzrasen von den Videos bekommen, wissen wir, dass es zumindest teilweise funktionie­rt.

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