So nah und doch noch fern
Die Schülerin Hanna Begander half in einem Flüchtlingslager mit. Welche Erfahrungen sie machte – und wie es ihr heute damit geht.
Berichte über Flüchtlinge, die über die Balkanroute Richtung Norden strömen, 71 tote Kinder, Frauen und Männer in einem Schlepper-Lkw im August auf der A 4 und ein heillos überfülltes Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Über all das diskutierte meine Pfadfindergruppe in Frauental-Rassach im Laufe der Monate immer wieder. Als Pfadfinder wollen wir allen Menschen Gutes tun, und so beschlossen wir, uns als Helfer zu melden. Unser Einsatzort: die Schwarzl-Halle in Unterpremstätten.
Das Erste, was mir auf dem umzäunten Platz vor der Halle auffällt, sind die spielenden Kinder, die auf schrottreifen Fahrrädern herumdüsen und sich die Gesichter bemalen. Wir erleben, wie ein Flüchtlingsbus ankommt und Leute aussteigen, die nichts besitzen. Wir helfen beim Zusam- menstellen von Hygienepaketen, beim Verteilen von Wasserflaschen und beim Einteilen von Schlafplätzen: „Frauen mit Kindern nach hinten, alleinstehende Männer nach vorne!“, lautet die Anweisung.
Zu den Flüchtlingen ins hintere Ende der Halle zu gehen, ist eine Überwindung: Der Lärm und die schlechte, stinkende Luft sind beinahe unerträglich. Dass die Kinder sofort auf uns zukommen und uns breit anlächeln, überrascht mich: „Hello“und „What’s your name?“ist alles, was sie auf Englisch sagen können. Sie haben keine Scheu.
Hilfsbereit
Ein halbes Jahr später – wieder habe ich direkten Kontakt mit Flüchtlingen. In Stainz treffe ich Asylwerber aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Sie leben bei Familien in der Region und versuchen, in Österreich Fuß zu fassen. Sie besuchen Deutschkurse, lernen unsere Kultur kennen. Trotzdem merke ich, dass sie noch nicht wirklich in unserer Gesellschaft angekommen sind. Das wird dauern. Und wie geht es mir? Ich bin rückblickend sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich bei diesen Begegnungen machen durfte – und über die große Hilfsbereitschaft der Österreicher. Doch ich habe auch gesehen, wie weit die Flüchtlinge noch von einem Leben wie unserem entfernt sind: Egal ob es den Arbeitsplatz, das Eingebundensein in die Gesellschaft oder ein eigenes Zuhause betrifft.