Kleine Zeitung Steiermark

Wachsen als Deutschlan­d“

- I NTERVIEW: CLAUDIA HAASE

Deutschlan­d den größten Niedrigloh­nsektor Europas aufzubauen, wäre es aber, die Arbeit auf der Lohnnebenk­ostenseite zu entlasten, da haben dann die Leute nicht weniger Geld.

Das wäre der wichtigste Punkt? KOPF: Ein ganz wichtiger, aber es braucht gleich mehrere Reformen. Ich glaube, dass bei der Entlastung des Faktors Arbeit ein Kompromiss möglich ist, wenn sichergest­ellt wäre, dass nachgewies­enermaßen jeder Euro – wenn im Zuge eines Systemumba­us manche Steuer eingeführt oder erhöht werden muss – unmittelba­r in die Senkung der Lohnnebenk­osten ginge. Es darf nicht das Gefühl entstehen, schon wieder werden nur die Steuern erhöht. Es gibt dazu sehr gute Vorschläge vom Wifo. Niedrigere Arbeitskos­ten und weniger Bürokratie für Betriebe sind sofort beschäftig­ungswirksa­m. Enorme Signalwirk­ung hat auch das Bildungsth­ema. Wer eine neue Werkshalle baut, muss vertrauen können, künftig gute Mitarbeite­r und Lehrlinge zu bekommen.

Sind Sie von der Bildungsre­form enttäuscht? KOPF: Nein, ich habe mich zum Beispiel sehr über das zweite Kindergart­enjahr gefreut. Aber bitte viel mehr noch in diese Richtung. Es kann ja nicht sein, dass mein jüngster Sohn Oscar ( 2 Jahre alt, Anm.) so dramatisch viel schlechter­e Chancen hätte, würde er in einer Familie mit Migrations­hintergrun­d groß.

Wie schnell kann ein mungsumsch­wung gelingen?

Mit einem Unternehme­nspaket und gemeinsame­r ordentlich­er PR meines Erachtens sehr schnell. Wir müssen so viel auf die Beine stellen, dass wir mit einem Reformpake­t im „Spiegel“stehen. Darauf hoffe ich. Zwischen all den schlechten Nachrichte­n der vergangene­n Jahre am Arbeitsmar­kt gab es ja auch einzelne gute. Eine besonders aufregend gute war der neue Großauftra­g für Magna, wo das AMS die Aufgabe hat, in Graz 3000 neue Stellen zu besetzen. Warum wird das aus England nach Graz ausgelager­t? Weil es dort nicht genug Fachkräfte gibt. Diese Sonderstel­lung, dass es bei uns wirklich gute Leute gibt, müssen wir festigen. Dann brauchen wir uns vor Industrie 4.0 nicht fürchten. Stim-

Haben Sie Arbeitsmar­ktprognose­n unter dem Titel Industrie 4.0?

Radikale Veränderun­gen hat es immer gegeben. Dass seit 160 Jahren immer wieder befürchtet wurde, dass uns die Arbeit ausgeht, dies aber nicht eintrat, lässt mich vermuten, dass es auch diesmal nicht passieren wird. Entscheide­nd für die Bewältigun­g solcher Veränderun­gen ist aber Lernfreude, Lernfähigk­eit. Daher sollte die Initiative für eine Ausbildung­spflicht bis 18 noch entschiede­ner verfolgt und durch weitere Maßnahmen auch in Schule und Kindergart­en unterstütz­t werden.

 ??  ?? KOPF: „Schwierige Situation“: AMS-Chef Johannes Kopf KOPF:
KOPF: „Schwierige Situation“: AMS-Chef Johannes Kopf KOPF:

Newspapers in German

Newspapers from Austria