Brexit blieb in Rede der Queen eine Randnotiz
Briten harrten der königlichen Rede, zum EU-Referendum gab es aber nur zwei Sätze zu hören. Austrittsgegner laut Umfrage voran.
Am 23. Juni werden die Briten in einem Referendum über einen möglichen Ausstieg aus der Europäischen Union entscheiden. Da war es nicht verwunderlich, dass die traditionelle, mittlerweile 63. Thronrede von Queen Elizabeth II. vom Volk und Europa mit besonderer Spannung erwartet wurde. Würde es eine Stellungnahme oder gar eine Abstimmungsempfehlung für einen Verbleib in dieser gebeutelten EU geben?
Dazu muss man wissen: Die 90-jährige Monarchin verlas die Regierungserklärung des konservativen Premierministers Cameron und dessen Kabinett – und in dieser war ein möglicher Brexit genau zwei dürre Sätze wert: Außer der Erklärung „Meine Regierung wird ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft abhalten“und der Ankündigung, die Minister würden „die Souveränität des Parlaments aufrechterhalten“, blieb das hochbrisante Thema, das sowohl die Zukunft der Briten als auch des kontinentalen Resteuropas prägen wird, unerwähnt. Cameron wirbt für einen Verbleib bei Europa, Teile seiner Partei sind jedoch dagegen. Kritische Mitglieder der Conservative Party sind erzürnt darüber, dass ein von den EU-Skeptikern verlangtes „Souveränitätsgesetz“nun kein Thema mehr sei. Durch dieses hätte die britische Gesetzgebung Vorrang vor EU-Recht.
Umfragen zufolge liegen die Austrittsgegner – momentan – in einem Hoch: Ihr Anteil betrage 55 Prozent, jener der Befürworter eines Austritts 37 Prozent, berichtete die Zeitung „Evening Standard“gestern unter Berufung auf eine Ipsos-Mori-Umfrage. Das sei die höchste Zustimmungsrate für einen Verbleib in der EU seit drei Monaten. Das britische Pfund legte nach der Veröffentlichung der Erhebung zu. Auch die „Times“berichtete am Mittwoch ebenfalls von einem Vorsprung für die Befürworter – und widersprach damit früheren Erhebungen, die ein Kopfan-Kopf-Rennen gesehen hatten.
Soziales und Wirtschaft
Der tatsächliche Fokus der „Queen’s Speech“lag auf sozialen Themen, und hier vor allem bei Plänen zur Verbesserung der Kinderbetreuung und einer Gefängnisreform: Straffällig gewordene Menschen sollten „eine zweite Chance“und bessere Bildungsmöglichkeiten erhalten – jene, die nicht sozialisierbar sind, allerdings weggesperrt werden. Zudem wolle Camerons Regierung „die Chance ergreifen und die Wirtschaft stärken“. Möglich werden solle dies über neue Gesetze zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und nicht zuletzt durch einen verstärkten Kampf gegen die Korruption.
Im Vorfeld der Rede gab es bereits viel Aufregung: Das britische Boulevard-Blatt „Sun“hatte in einer Schlagzeile behauptet, Elizabeth II. sei für einen Austritt von Großbritannien aus der EU. Dafür gibt es aber keinen offiziellen Beleg, der Buckingham-Palast hat den unabhängigen britischen Presserat Ipso informiert.