Himmel und Hölle
Wechselbad von Dasein und Nichts: Komisch und tieftraurig setzt das Theater im Bahnhof ein Stück übers Vergessen in familiäre Szene.
Wie im Faltspiel „Himmel und Hölle“gestaltet Regisseur Helmut Köpping die Episoden dieses gelungenen Stücks. In einer Ecke Schwiegersohn Oliver (Jacob Banigan), in der anderen die slowakische Pflegerin (Elisabeth Holzmeister). Diagonal Tochter Katrin (Gabriela Hiti). Mitten im PublikumsKarree: Beatrix Brunschko als zunehmend vom Vergessen heimgesuchte Mutter. Ihr gegenüber Eva Hofer, Freundin des Hauses und Moderatorin seichter TVUnterhaltung, die hin und wieder „Hassattacken“in sich aufsteigen fühlt. Die spart sie auch bei ihrer ehrgeizigen Familienfilmdoku als dramaturgischen Kitzel für geile Demenz-Action nicht aus. Himmel und Hölle erlebt das Publikum im Literaturhaus bei den Wechselbädern aus Dasein und Nichts. Nicht nur bei Brunschkos souverän gezeichneter, existenziell ausgesetzter Mutter. Auch Familien- und Sozialleben ereignen sich am Rand der Verzweiflung. Hoffnungslos bemüht, hilflos ausgeliefert in einer Kampf- arena ohne Sieger, aber mit Frusttörtchen und Handtüchern, die bei den tragikomischen Exzessen wichtiger geworden sind als Fotoerinnerungen.
So möchte niemand alt werden wie „der traurige alte Clown“in „Warum ich meine demente Mutter belüge“nach dem Buch des Niederländers Cyrille Offermans. Dennoch ist es ein „Vorgeschmack auf das, was wir zu erwarten haben“in der komischen, tieftraurigen Studie, mit der das Theater im Bahnhof Krankheitstabus bricht und Pflegeextreme erschütternd anreißt. „Warum ich meine demente Mutter belüge“. Nach dem gleichnamigen Buch von Cyrille Offermans. 20. bis 22., 31. Mai; 3., 4., 5., 9. 6., 20 Uhr, TiB im Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30. Karten: Tel. 0316-76 36 20. www.theater-im-bahnhof.com