Eine Wagenburg ist kein politisches Programm
Der braven Landesregierung fehlen zählbare Erfolge.
Die steirische Landespolitik blickt auf zwei extreme Perioden zurück: Bis 2010 gab es wüsten Dauerstreit zwischen SPÖ und ÖVP, dann folgten fünf erfolgreiche Konsensjahre. Doch die „Reformpartnerschaft“erhielt bei der Landtagswahl vor einem Jahr vom Wähler die dunkelgelbe Karte. Zwar konnte sich eine rot-schwarze Koalition an der (ohnedies bescheidenen) Macht halten. Beide Parteien rutschten aber unter die 30Prozent-Marke.
Seither herrscht in Regierung und Landtag Stille, um nicht zu sagen: Flaute. Entweder sei das die „Ruhe vor dem Sturm“oder einfach Stagnation, meint der Grüne Lambert Schönleitner. Natürlich, da waren die Flüchtlinge und die damit verbundenen Unwägbarkeiten und Aufgeregtheiten. Diese Krise wurde fraglos gut bewältigt.
Aber kann das alles gewesen sein? Kritisch muss man nicht nur die weitgehende politische Ergebnislosigkeit des abgelaufenen Jahres betrachten. Sondern es steht jetzt auch der weithin als vorbildhaft gerühmte Konsens-Stil dieser Regierung auf dem demokratiepolitischen Prüfstand.
Eine Regierung, die – im Unterschied etwa zum gescheiterten Faymann-Kabinett im Bund – als Einheit auftritt, signalisiert Handlungsfähigkeit in Bezug auf eine gemeinsame Agenda. Wenn aber diese Agenda nicht sichtbar wird, bleibt nur der Befund, dass sich hier zwei umklammern, die einander nicht besiegen können. Frei nach dem Grundsatz „If you can’t beat them, join them“halten ÖVP und SPÖ einander in Schach – mit einem nebenbei nicht unerwünschten Wagenburgeffekt gegenüber den Angriffen der erstarkten FPÖ.
Ein zum Dogma erhobenes Einheitsgebot hat auch Schat-
Wtenseiten. Will Politik nämlich vom Bürger verstanden werden, dann braucht sie einen offenen Schlagabtausch. „Zur Willensbildung gehört die öffentlich sichtbare Auseinandersetzung um den richtigen Weg, der Streit um unterschiedliche Lösungsansätze“, schrieb jüngst der deutsche Altbundespräsident Roman Herzog mit prominenten CoAutoren in einem Appell. Der war auf die deutsche Politik gemünzt, lässt sich aber auf die kleine steirische umlegen. er Konflikte unter den Teppich kehrt, wandelt politisch und tiefenpsychologisch auf dünnem Eis. Eine offene Gesellschaft kennt keinen Arkanbereich der Macht. Zwar will niemand die Rückkehr zur Streit-Unkultur vergangener Tage, aber ein bisserl mehr Zund kann nicht schaden. Wenn es sich reibt, entsteht womöglich ein Kraftfeld für die dringend nötigen Reformen. Sie erreichen den Autor unter