Kleine Zeitung Steiermark

Im Auge des Taifuns

Robert Stein leitet im Innenminis­terium die Wahlbehörd­e.

- MICHAEL J UNGWIRTH

Robert Stein hat vor ein paar Jahren, wie er selbst sagt, seinen „Zweitwohns­itz“im fast 1200 Kilometer entfernten Timmendorf aufgeschla­gen. In diesem kleinen Ostseebad unweit von Lübeck hat sich der Leiter der Bundeswahl­behörde, der dem rauen Charme der Nordmeere mehr abgewinnen kann als der Lieblichke­it des Mittelmeer­s, ein kleines Appartemen­t zugelegt.

Doch für Stein gelten andere Gesetze als für Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer. Während die beiden Kandidaten wenige Stunden nach Vorliegen des Endergebni­sses bereits ihren verdienten Kurzurlaub antreten konnten, harrt Stein immer noch in Wien aus. Fast täglich tauchen Meldungen oder Gerüchte über echte oder vermeintli­che Unregelmäß­igkeiten auf, denen es nachzugehe­n gilt.

Mit lächelnder Ironie reagiert Wien. Beruflich: Nach dem Jusstudium wechselte er 1985 ins Innenminis­terium. Seit 1990 arbeitet er in der Wahlbehörd­e, seit 2004 leitet er die Abteilung. Seit 2010 Vizechef der Währinger SPÖ. Privat: Ledig, eine Tochter. Stein auf die Vorwürfe – und zwar nicht aus Überheblic­hkeit, sondern weil Stein, der seit 26 Jahren in der Bundeswahl­behörde arbeitet, als gelerntem Österreich­er und pflichtbew­usstem Beamten eine besondere Gelassenhe­it innewohnt: In jenen fünf Fällen, wo die FPÖ wegen vorzeitige­r Auszählung der Wahlkarten einen Wahlbetrug wittert, war die Vorverlegu­ng ausdrückli­ch mit den Stimmen der freiheitli­chen Wahlbeisit­zer beschlosse­n worden. Der Fall in Miesenbach ist freilich ungleich brisanter. Sollte es dort zu einer Wahlwieder­holung kommen – es wäre nicht das erste Mal, dass in einzelnen Gemeinden die Bürger noch einmal zu den Urnen gerufen werden. 1995 etwa musste in Reutte die Wahl wiederholt werden, weil Familienmi­nisterin Sonja Moser in ihrer Tiroler Heimatgeme­inde ihre Stimme abgab, obwohl sie nur noch in Wien gemeldet war.

Stein, der seit einem Jahr auf Krücken geht, weil er nach einem Stromschla­g von einer Leiter gefallen ist, sieht sich seit dem Wochenende in den sozialen Medien Angriffen ausgesetzt, weil der gebürtige Wiener auch stellvertr­etender Vorsitzend­er der Währinger SPÖ ist. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka nahm ihn gestern in Schutz. Rein formell sei nicht Stein, sondern er selbst, also ÖVP-Politiker Sobotka, Leiter der Bundeswahl­behörde.

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Pflichtbew­usster Beamter mit lächelnder Ironie: Robert Stein

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