Frankreichs heißer Streiksommer
Geschlossene Tankstellen, bestreikte Züge, wütende Fluglotsen. Neun Tage vor dem Start der Fußball-EM droht Frankreich die große Blockade. Wo aber wird nun wann gestreikt? Ein Überblick.
Die Zahl der Protestierenden habe sich verringert, hört man aus Frankreich. Dafür habe sich der Widerstand zugespitzt und radikalisiert. Immer klarer wird indes: Etwas mehr als eine Woche vor dem Beginn der Fußball-Europameisterschaft droht Frankreich ein Transportchaos der Sonderklasse.
Weil die französische Regierung Unternehmen unterstützen und etwa Arbeitszeitregelungen lockern will, sehen viele Arbeitnehmervertreter rot. Vor allem die größte Gewerkschaft CGT – die zweitgrößte CFDT hat sich in vielen Punkten mit der Regierung geeinigt – will den Druck auf die Regierung so knapp vor dem Start der prestigeträchtigen Sportgroßveranstaltung noch einmal erhöhen. Autofahrer. Blockaden und Streiks in Ölraffinerien und Treibstofflagern führten bereits in der vergangenen Woche zu Engpässen in der Benzinversorgung, rund 2400 Tankstellen mussten vorübergehend schließen. Am Wochenende beruhigte sich die Lage ein wenig, eine nachhaltige Entspannung ist noch nicht in Sicht. Aktuell sind etwa 653 der 2200 Tankstellen des Ölkonzerns Total komplett oder teilweise ohne Treibstoff, wie das Unternehmen mitteilte. Vier von acht französischen Raffinerien stehen weiter still. Bahnreisende. Die als „unbefristet“anberaumten Streiks bei der Eisenbahn könnten sich bereits heute dramatisch ausweiten. Bei den Streiks der letzten Jahre waren in erster Linie „innerfranzösische Züge“betroffen. Auf Infolignes.com informiert die Bahn über aktuelle Entwicklungen. Städtetouristen. Streiks, Blockaden und die teils gewaltsamen Proteste im Herzen von Paris seien ein „großes Risiko“für die Tourismusbranche, warnt der Pariser Ab Freitag wollen Fluglotsen streiken Viele Tankstellen sind ohne Benzin Gefordert: Premier Manuel Valls Tourismusverband. Besucher würden mit „Sorge und Unverständnis“reagieren. „Ab Donnerstag“kündigen die Pariser Verkehrsbetriebe jetzt auch noch „unbefristete Arbeitsniederlegungen“an. Am 10. Juni, Tag des EMEröffnungsspiels, soll die Metro ebenfalls bestreikt werden.
Im Südosten von Paris wurde indes von hundert Müllmännern und Kanalarbeitern eine Müllverbrennungsanlage blockiert, in der an normalen Tagen bis zu 2000 Tonnen Müll landen. Es sei die größte Anlage Europas, nun komme „nichts mehr rein oder raus“, hieß es von der CGT. Fluggäste. Von Freitag an wollen die französischen Fluglotsen drei Tage streiken. Auch die Piloten von Air France, sie demonstrieren gegen sinkende Löhne, haben sich für einen Streik ausgesprochen. Ein Zeitpunkt sei laut Pilotengewerkschaft noch nicht fixiert, die Streiks würden aber länger als sechs Tage dauern und sollen noch im Juni beginnen.
Ein Ende der Auseinandersetzung ist also noch nicht in Sicht. „Nachzugeben“würde bedeuten „alles zu verlieren“, gab Ministerpräsident Manuel Valls einen schier unumstößlichen Kurs vor. Den sein Finanzminister Michel Sapin – „Vor allem müssen wir hart bleiben“– bestätigt.
Die Reaktion der Gewerkschaft? Der 14. Juni wurde von sieben Verbänden zum „nationalen Aktionstag“bestimmt. Am selben Tag eröffnet Österreich übrigens mit dem Spiel gegen Ungarn die rotweiß-rote Europameisterschaft.