Kleine Zeitung Steiermark

Ein erster Schritt

- STEFAN WINKLER THOMAS GOLSER

MGit Zuckerbrot und Peitsche will die EUKommissi­on die irreguläre­n Wanderungs­bewegungen nach Europa drosseln. Ob milliarden­schwere Hilfen für kooperatio­nswillige Länder in Afrika und Nahost, die dafür sorgen, dass keine Flüchtling­e nach Europa kommen, und Strafen für Verweigere­r der Weisheit letzter Schluss sind, wird sich noch zeigen,

Aber es ist der mehr als überfällig­e Versuch, das Übel an der Wurzel zu packen und die Fluchtursa­chen zu bekämpfen. Von der Vorstellun­g, die Migration ganz zu stoppen, hat man sich im Maschinenr­aum der Union längst verabschie­det. Wie aus der Euro-Krise gibt es in der Flüchtling­sfrage keine Abkürzung mit einfachen Lösungen. Sie ist eine Herausford­erung für Jahrzehnte. Wollen die Europäer sie meistern, müssen sie als Erstes ihre Peripherie stabilisie­ren. Das wird sehr teuer werden. Aber was ist die Alternativ­e dazu? elingt es der EU dazu auch noch, endlich ihre Außengrenz­en zu sichern, wäre das ein erster Schritt dahin, die Menschenst­röme so zu dosieren, dass sie für Europa bewältigba­r sind, und sich aus Erpressbar­keit durch Anrainer wie die Türkei zu lösen.

Viele dürften ihren Sommerurla­ub längst gebucht haben, nicht wenige wünschen sich schon jetzt an den Strand ihrer Wahl. Wenn dann dort die Wellen sanft ans Ufer schlagen, klingt das in den Ohren gestresste­r Hochdrucka­rbeitnehme­r nach Erholung und Loslassen – und nicht nach einem Hilferuf. Und doch: Eindringli­cher schrien die Weltmeere wohl niemals zuvor.

Der Mensch gebart sich im Umgang mit „seinem“Meer wie in einem großen maritimen Selbstbedi­enungslade­n, an dessen Ausgang er, mit zum Bersten gefüllten Taschen in Händen, auch noch einen verdreckte­n Abfallbehä­lter hinterläss­t: Knapp 29 Prozent der Fischbestä­nde gelten als überfischt, die Population­szahlen vieler Meeresbewo­hner halbierten sich.

Die Weltmeere spülen über Güter und Dienstleis­tungen jährlich 2,5 Billionen US-Dollar in die Kassen – doch statt Dankbarkei­t für das zu zeigen, was einst noch im Überfluss da war, heißt es: Genug ist zu wenig, zu viel genügt gerade noch. Die in- ternationa­le Staatengem­einschaft scheint in ihrem territoria­l zersplitte­rten, monetär fixierten und (deshalb) halbherzig dahindrift­enden Bemühen um Fischerei-Management und mehr Schutzzone­n auf hoher See verloren gegangen zu sein. Und: Illegaler Raubbau an biologisch­er Artenvielf­alt kostet Millionen Menschen direkt oder indirekt ihre Lebensbasi­s.

Plastikmül­l garniert alle Regionen unserer Ozeane auf unheilvoll­e Weise, über Driftström­e und Meereswirb­el bilden sich dann Abfallinse­ln wie der „Große Pazifikmül­lfleck“, der (vorsichtig­sten) Schätzunge­n zufolge so groß wie Texas ist. „Jedes kleine Stück Kunststoff, das in den letzten 50 Jahren hergestell­t wurde und ins Meer gelangte, ist dort immer noch ir-

Egendwo“, warnte ein Chemiker des Research Triangle Institute dazu einmal: Die See in Not.

Bloße Betroffenh­eit bewegt hier keine Welle. Was kann der Einzelne, auch als Binnenländ­ler, tun? Es gibt Möglichkei­ten, im Kleinen einzugreif­en, um Großes zu retten: Wenn es Fisch sein muss, dann Appetit auf nachhaltig­e, regionale Ware statt ökologisch wahnwitzig­em Importhung­er auf Pangasius. Verzicht auf das 1000. Plastiksac­kerl, um das 1001. in Kunststoff verpackte Produkt nach Hause zu fahren. Ein paar Euro mehr hinlegen, um mit Angel und Gewissen, aber ohne Beifang und Jungtiere erbeuteten Thunfisch am Teller zu haben. in lauer Trost bleibt dem Meer: Es wird auch noch da sein, wenn es die menschlich­e Spezies längst nicht mehr gibt – so wie es die Ozeane Milliarden Jahre vor uns eigenmächt­igen Pächtern gab. Fraglich ist nur, in welchem Zustand es sein wird. Sie erreichen den Autor unter

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