16 Tage Scheinwelt der Nazis
Oliver Hilmes hat in Romanform ein Stück dunkle deutsche Vergangenheit neu beleuchtet: Olympia 1936. Es ist eine sehr unterhaltsame Form, Geschichte aufzuarbeiten.
Für die Nationalsozialisten war das Jahr 1936 ein besonderes. Drei Jahre nach der Machtergreifung wagte Adolf Hitler den Bruch mit den internationalen Vertragspartnern und ließ im März die Wehrmacht in das Rheinland einmarschieren. Das geschah nicht unbemerkt von der Weltöffentlichkeit und doch war die Weltgemeinschaft noch so kriegsmüde, dass sie den „Führer“gewähren ließ. Es war der Abschluss einer Etablierungspha- se der NS-Führung im Deutschen Reich, zudem waren die Reihen auch innerhalb der NSDAP mittlerweile geschlossen. Die große Show stand da aber noch bevor. Denn im August ließ sich Hitler und sein Drittes Reich feiern wie nie zuvor und danach: Bei den Olympischen Spielen in Berlin. 16 Tage präsentierten sich die Nationalsozialisten mit allem Pomp der Weltöffentlichkeit als Regime mit freundlichem Antlitz. Der Historiker Oliver Hilmes hat nun das bereits gut ausgeleuchtete Thema neu bearbeitet und in Romanform höchst informativ und spannend aufgeschrieben.
Er erzählt die 16 Tage im herausgeputzten Berlin in einer Form, die Geschichte auf unterhaltsame Art erlebbar macht. Er stellt die Alltagsgeschichten der Spiele und der Menschen der Stadt in dieser Festzeit neben die Schilderungen der Nazi-Größen und der offiziellen Dokumente. Der rote Faden spinnt sich dabei um den Amerikaner Thomas Wolfe, einen Buchautor mit Faible für das romantische Deutschland des Mittelalters, der schon häufig den alten Kontinent bereist hat und nun dem Trubel in der Metropole beiwohnen will. Im Buch beschreibt Wolfe auch all jene Orte, die den Mythos Berlins in den Goldenen Zwanzigern begründeten und der nun langsam dem Diktat der selbst ernannten Herrenmenschen verfällt.
Das Besondere an „Olympia 1936 – Sechzehn Tage im August“ist die Stimme, mit der Oliver Hilmes diese Zeit erzählt, ohne historisch unsauber zu werden. Es ist ein lehrreicher Text, wie eine ideologische Bewegung Volk und Weltöffentlichkeit mit Propaganda blenden und irreleiten kann. Und es nimmt dem Sport auch ein wenig die Aura, unpolitisch sein zu können. Was alle vom Sport wollen, was er aber spätestens seit 1936 nicht mehr ist.