Eine Entschleunigung bis zum Stillstand
Stanisław Lems „Solaris“bei den Wiener Festwochen: Science-Fiction in Zeitlupe.
WIEN. Ein Mann im Raumanzug bricht zum Planeten „Solaris“auf. Während der 16-monatigen Anreise holt ihn seine Vergangenheit ein, die sich auf dem Planeten als Albtraum entpuppt, aus dem es kein Entrinnen gibt. Der ukrainische Regisseur Andriy Zholdak setzt bei seiner Realisierung von Stanisław Lems 1961 erschienenem Kultroman bei den Festwochen auf Entschleunigung, wiederkehrende Motive und den visuellen Eindruck.
„Solaris“bleibt auch nach zahlreichen Bühnen- und Filmadaptionen ein gern aufgegriffener Stoff. Seine Version mit dem mazedonischen Nationaltheater versteht Andriy Zholdak nun als „visuelles Theater, eine Meditation über die Verdammung eines Mannes und seine Errettung“. Und tatsächlich: Man würde die Handlung, die der Regisseur auf der Bühne der Halle E im Museumsquartier über dreieinhalb Stunden lang ausbreitet, auch ohne die spärlichen Übertitel verstehen. Die Bilder sind stark, schmerzvoll und in ihrer Doppelung (durch Live-Video wie auch rea- le Wiederholungen) auch ohne große Worte eindeutig.
Vieles geschieht weitgehend wortlos, dafür aber unter ohrenbetäubender akustischer Untermalung, die durch zahlreiche Mikrofone ermöglicht und verstärkt wird. Nach gut eineinhalb Theaterstunden kommt der Protagonist, der Psychologe Kris, schließlich auf „Solaris“an und erwacht aus seinen beklemmenden Träumen. Allerdings dauert es nicht lange, bis Kris selbst an seiner geistigen Gesundheit zweifelt. Der Ozean, der Solaris überzieht, schafft real wirkende (und sich selbst auch so empfindende) Personen aus dem Erdenleben der Raumfahrer.
Kris fühlt sich immer schuldiger, wird immer mehr von seinem Wahn beherrscht und trachtet schließlich danach, die ungebetenen Gäste aus seiner Vergangenheit umzubringen. Dass eine Entschuldigung die Geister aus seinem früheren Leben vertreiben könnte, fällt ihm erst ganz zum Schluss ein. Da ist allerdings nur noch weniger als die Hälfte des Publikums verblieben.