Merkel in China: Keine Angst vor offener Kritik
Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Freiheit.
PEKING. Eine Reihe heikler Punkte sprach die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am ersten Tag ihrer Chinareise an. Im explosiven Streit um Hoheitsrechte im Süd- und Ostchinesischen Meer riet sie, verbindliche Verhaltensregeln mit den Nachbarn auszuhandeln.
Vor Studenten der Akademie der Wissenschaften mahnte Merkel außerdem mehr Rechtsstaatlichkeit ein. Es komme darauf an, dass „die Stärke des Rechts gilt und nicht das Recht des Stärkeren“, sagte Merkel. Deutsche und chinesische Firmen müssen in Rechtsfragen gleichgestellt werden, forderte die Kanzlerin. Ein sicherer Rechtsrahmen sei für Investitionen entscheidend. Auch insistierte sie auf mehr Einsatz im Kampf gegen Computerspionage. China solle auf Cyberangriffe verzichten, forderte sie. „Je mehr Fortschritte wir hier erreichen, umso besser können wir auch eine enge Kooperation im Bereich der Industrie 4.0 auf den Weg bringen, sagte sie.
Das umstrittene Gesetz, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen regelt, dürfe nicht dazu führen, dass sich diese Gruppen nicht mehr in der Gesellschaft engagieren dürften. Hintergrund ihrer Warnung ist ein restriktiverer innenpolitischer Kurs der KP-Regierung in Peking. Wirtschaftliche Entwicklung, sagte Merkel, hänge wesentlich von Rechtsstaatlichkeit ab. Dazu aber sei eine unabhängige Justiz und die Gleichheit vor dem Gesetz wichtig. Freiräume für Einzelne seien Voraussetzung für Kreativität und Fortschritt.
Heute nimmt Merkel an den vierten deutschchinesischen Regierungskonsultationen teil. Hier werden auch die Billigangebote von chinesischem Stahl zur Sprache kommen.