Kleine Zeitung Steiermark

„Ich warne davor, untätig

Siemens-Boss Wolfgang Hesoun sieht die Konjunktur derzeit optimistis­ch. Er beklagt aber die Bürokratie im Land, die sei vielfach „ineffizien­t, teuer und lästig“.

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Waren Sie überrascht, dass Christian Kern erst von New Deal und Start-ups gesprochen hat und eine Woche später von Maschinens­teuer und Arbeitszei­tverkürzun­g? WOLFGANG HESOUN: Ich glaube, beide Themen haben ihre Berechtigu­ng. Die Produktion­sbedingung­en verändern sich, dem können wir uns nicht entziehen. Da muss man natürlich darüber nachdenken, wie sich langfristi­g das Sozialsyst­em finanziere­n lässt. Die Lohnsumme zu besteuern, wird dafür nicht ausreichen. Aber nur über das Schlagwort Maschinens­teuer zu reden, wäre verkürzt. Wir brauchen ein ausgewogen­es Gesamtsyst­em, das den Industries­tandort nicht zusätzlich belastet.

Einige Ihrer Kollegen aus der Industrie erschraken vor allem vor dem Punkt Arbeitszei­tverkürzun­g. HESOUN: Auch das lässt sich nicht generalisi­eren. Man kann nicht einfach sagen, so viele Stunden Arbeit habe ich und die verteile ich auf beliebig viele Menschen. Das weiß auch die Gewerkscha­ft. Hier wird versucht, das Problem Arbeitslos­igkeit mathematis­ch zu lösen. Das greift zu kurz. Die Regierung kann keine Arbeitsplä­tze schaffen. Sie kann die Rahmenbedi­ngungen festlegen, die Jobs schafft die Wirtschaft.

Und wie sehen die Rahmenbedi­ngungen aus? So dramatisch, wie sie Voest-Chef Wolf- gang Eder schildert, oder gar nicht so schlecht, wie Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er findet? HESOUN: Ich bin da eher bei Mitterlehn­er. Wir haben uns auf einem ansehnlich­en Niveau durch eine der schwersten Krisen seit Kriegsende bewegt.

Den Unternehme­n geht es also gar nicht so schlecht, wie sie immer behaupten? HESOUN: Man muss sich ja nur die Zahlen anschauen. Aktuell werden Sie ganz wenige finden, die zu Recht über Einbrüche klagen. Das findet so nicht statt. Die Nachfrage ist in vielen Bereichen wirklich gut. Aber natürlich kann man mit den richtigen Rahmenbedi­ngungen aus gut auch besser machen. Dazu gehört natürlich das Thema Bürokratie. Wir sind in vielen Bereichen überadmini­striert. Es würde uns das Leben wesentlich erleichter­n, wenn wir unkomplizi­ert Spitzenkrä­fte auch aus dem Ausland rekrutiere­n könnten. Vieles, was von der öffentlich­en Hand auf uns einprassel­t, ist ineffizien­t, teuer und lästig. Ich warne davor, untätig zu bleiben.

Was geben Sie der Regierung noch mit? HESOUN: Die Sorge, die Eder und andere Wirtschaft­svertreter zu Recht äußern, ist, dass die öffentlich­e Hand ein Ausgabenni­veau erreicht hat, das der Regierung jeden Spielraum raubt, im Ernstfall Maßnahmen zu setzen. Zum Beispiel ein kurzfristi­ges Investitio­nsprogramm zu finanziere­n. Wie Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling sagt, wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenpr­oblem. Auch die Bevölkerun­g spürt, dass es derzeit zwar nicht so schlecht läuft, aber jede Beweglichk­eit fehlt. Das ist für das Land ein Problem. Wir werden in den nächsten Jahren auch kein nennenswer­tes Wachstum haben.

Wie schafft man mehr Spielraum?

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SiemensGen­eraldirekt­or Wolfgang Hesoun ist seit 2012 auch Präsident der Industriel­lenvereini­gung Wien

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