Kleine Zeitung Steiermark

Rettung aus dem Milchsee

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WEenn die Milch im Supermarkt billiger wird, wirkt das auf viele wie eine gute Nachricht. Dahinter steckt aber eine Krise des europäisch­en Milchmarkt­s, die schon seit dem Ende der Milchquote vor gut einem Jahr andauert.

Die derzeit so niedrigen Milchpreis­e tragen zum Bauernund Bäuerinnen-Sterben in Österreich und in Europa bei. Und es ist zu befürchten, dass sie zu einem massiven Strukturwa­ndel führen, bei dem im schlimmste­n Fall hauptsächl­ich große, industrial­isierte Betriebe übrig bleiben. Dort werden Tiere ganzjährig im Stall gehalten und auf Hochleistu­ng getrimmt: Die Latte liegt bei bis zu 10.000 Liter Milch pro Kuh und Jahr. Überzüchtu­ng, Kraftfutte­reinsatz und fehlendes Bewegungs- und Platzangeb­ot beeinträch­tigen die Gesundheit der Tiere maßgeblich. Das wiederum führt zu einem erhöhten Einsatz von Antibiotik­a.

Als Antwort auf die Liberalisi­erung des Milchmarkt­es im Vorjahr wurde ein Weg propagiert, der sich als fatal erwies: Mit hohem Kraftfutte­reinsatz sollten in industrial­isierten Betrieben „zu Weltmarktp­reisen“Milch und Milchprodu­kte für den Export etwa nach China oder Japan produziert werden. Dass solche Exportoffe­nsiven und die Intensivie­rung der Produktion sogar mit öffentlich­en Geldern gefördert werden, ist ökologisch und sozial untragbar. Aber auch die Landwirtin­nen und Landwirte in Afrika und Asien sind Opfer einer solchen Politik. Billige Importmilc­h aus Europa verdrängt deren Produkte von lokalen Märkten. Nicht zuletzt ist dieses Modell auch für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich desaströs, wie sich anhand der stetig fallenden Milchpreis­e deutlich zeigt. s ist Zeit für ein neues Agrarmodel­l, und das gilt auch für die Milchwirts­chaft. Wenn sich heute alle wichtigen Akteure mit Umweltmini­ster Rupprechte­r zum sogenannte­n Milchdialo­g treffen, müssen sie sehr offen abseits der bisherigen Wege diskutiere­n. Wir brauchen eine Landwirtsc­haft, die weniger produziert, noch stärker auf biologisch­e Produktion und auf lokale Kreisläufe setzt, die den Kraftfutte­reinsatz beschränkt und stattdesse­n alle Milchkühe auf die Weide bringt. Das wäre auch ein großer Schritt hin zu artgerecht­erer Tierhaltun­g und damit zu gesünderen Tieren. Insbesonde­re kleinere Betriebe müssen einen fairen Preis für ihre Milch erhalten. Österreich produziert die Milch für die Konsumente­n zu 100 Prozent gentechnik­frei. Das ist vorbildhaf­t, dazu muss sich auch der Lebensmitt­eleinzelha­ndel klar bekennen und auf Importe von Produkten, bei denen gentechnis­ch veränderte Futtermitt­el eingesetzt wurden, verzichten. Abgeltunge­n von gesellscha­ftlich wichtigen Leistungen wie der biologisch­en Produktion müssen auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Eine faire und ökologisch­e Milchwirts­chaft ist möglich! Dagmar Urban ist Landwirtsc­haftssprec­herin bei Greenpeace Österreich

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