Vor dem Gesetz sind alle gleich – auch Grasser
Dreistigkeit bei der Buwog-Privatisierung überrascht.
Wie das Leben so spielt. Wäre im September 2008 Lehman in New York nicht pleitegegangen, Karl-Heinz Grasser wäre heute vielleicht ein renommierter Unternehmer, ein kleiner Banker, Aufsichtsratschef eines internationalen Kristallkonzerns, oder er stünde wie Irmgard Griss an der Spitze einer politischen Bewegung, die die etablierten Parteien das Fürchten lehrt. Vielleicht wäre er EU-Kommissar in Brüssel.
Es kam anders. Im Zuge der Lehman-Pleite geriet die Constantia Privatbank ins Strudeln und sodann ins Visier der Justiz. Beiläufig stießen die Ermittler bei der Sichtung der Aktenordner auf dubiose Geldflüsse im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung. Von einem „Zufallsfund“ist die Rede. Was die Experten stutzig machte: Nutznießer der Zahlungen waren allesamt Spezis des langjährigen Finanzministers, der die Privatisierung betrieben hat. Und so nahmen die Ermittlungen ihren Lauf, und nach sieben langen Jahren wird nun Anklage erhoben gegen Grasser und andere Personen.
Niemandem ist zumutbar, sieben quälende Jahre warten zu müssen, ehe überhaupt klar wird, ob er auf der Anklagebank Platz nehmen muss oder nicht. Das gilt auch für Grasser, vor dem Gesetz sind alle gleich. Bis die Ermittlungen Fahrt nahmen, vergingen Monate. Noch dazu wurde die Causa durch Grassers Bekanntheitsgrad in der breiten Öffentlichkeit genussvoll ausgewalzt. Dass permanent vertrauliche Unterlagen herausgespielt wurden, zeugt nicht von einer Justiz, die bereits im 21. Jahrhundert angekommen ist.
Dass sich Grasser als Opfer inszeniert, ist nicht minder unerträglich. Die lange Dauer der Ermittlungen rührt auch daher, 15
Wdass sich die Beschuldigten komplizierter Finanzkonstruktionen bedient haben, um die Geldflüsse zu verschleiern. Wäre Europa ein Bundesstaat, die Anklage wäre längst fertig. Nicht einmal in Österreich kann die Justiz auf Knopfdruck Kontoöffnungen erwirken. Liechtenstein lebt von der notorischen Verschwiegenheit seines Bankenplatzes, die heimische Justiz biss sich jahrelang an den Nachbarn die Zähne aus. irft man einen Blick in die Anklageschrift, so überrascht einmal mehr die Dreistigkeit, die an den Tag gelegt wurde, um die Buwog-Privatisierung zu manipulieren und davon auch noch persönlich zu profitieren. Ebenso schockierend ist das fehlende Unrechtsbewusstsein. Natürlich gilt auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung, keine Frage: Das letzte Wort hat das Gericht. Ja, vor dem Gesetz sind alle gleich, auch Karl-Heinz Grasser. Sie erreichen den Autor unter