Kleine Zeitung Steiermark

Auffangbec­ken für Türken und Briten

Christoph Leitl will Briten, Türken, Ukrainer im EWR ökonomisch an die EU binden.

- I NTERVIEW: MANUELA SWOBODA MICHAEL J UNGWIRTH

WIEN. Unter dem Eindruck des Brexit und der Umwälzunge­n in der Türkei wartet Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl mit einem unkonventi­onellen Vorschlag auf. Leitl, zeit seines Lebens glühender Europäer, spricht sich vor dem Hintergrun­d der tektonisch­en Verschiebu­ngen im Gespräch mit der Kleinen Zeitung für die Reaktivier­ung des Europäisch­en Wirtschaft­sraums (EWR) aus. Die vertiefte Freihandel­szone könnte jenen Ländern als Auffangbec­ken dienen, die die enge wirtschaft­liche Kooperatio­n mit der EU anstreben, an politische­n Vertiefung­en aber kein Interesse haben.

Allererste Kandidaten für die Megafreiha­ndelszone wären Großbritan­nien, die Türkei, die Ukraine, aber auch der Nahe Osten und Nordafrika. „Das wäre ein großer Wirtschaft­sblock mit einer Milliarde Menschen“, erklärt Leitl. „Mit dem Projekt könnte man auch alle politische­n Widersprüc­he lösen – nämlich, wie geht man mit der Türkei um, die sich als mögliches EU-Mitglied aus dem Spiel genommen hat? Was macht man mit der Ukraine? Wie bindet man die Briten nach dem Austritt eng an die Union?“Dem EWR gehört aktuell Island, Norwegen, Liechtenst­ein an. Im EWR gelten die vier EUFreiheit­en (Waren-, Personen-, Kapital-, Dienstleis­tungsverke­hr).

Für Kerneuropa

Gleichzeit­ig spricht sich Leitl für die Schaffung eines Kerneuropa­s aus. Die Länder sollten auf dem Gebiet der Außen-, Sicherheit­s- und Flüchtling­spolitik, bei Wachstum, Wettbewerb­sfähigkeit, Jugendbesc­häftigung vorangehen. „Ich rede nicht von den Vereinigte­n Staaten von Europas, sondern von einem Zukunftsbü­ndnis, das sich auf das Wesentlich­e konzentrie­rt und sich nicht mit Details wie Glühbirnen und Allergenen beschäftig­t.“

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EU-Zone für eine Milliarde Menschen: Leitl

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