So senken Sie Ihr Demenz-Risiko
Demenz ist keine unausweichliche Erscheinung des Alters, viele Risikofaktoren kann man beeinflussen. Da Medikamente noch fehlen, sollte man selbst aktiv werden.
Die Hälfte aller 50Jährigen hat Alzheimer-typische Veränderungen im Gehirn.“Diese Botschaft von Reinhold Schmidt, Neurologe an der MedUni Graz, sorgte für verwunderte Gesichter und erschrockenes Raunen bei der Pressekonferenz anlässlich des Welttags des Gehirns am 22. Juli. „Aber bei Weitem nicht alle werden dann auch dement“, erklärt Schmidt weiter. Also wie nun? Obwohl die desaströsen Ablagerungen im Gehirn anscheinend sehr häufig sind, führen sie nur bei einem Teil der Betroffenen zu tatsächlichen Einschränkungen und der Alzheimer-Erkrankung. Eine Erklärung dafür sei eine der faszinierenden Fähigkeiten unseres Gehirns, die sich kognitive Reserve nennt: Dadurch kann das Gehirn krankhafte Veränderungen ausgleichen, es kommt zu keinen Einschränkungen. „Unser Gehirn ist ein Kompensationsmeister“, sagt Schmidt. „Und für diese kognitive Reserve können wir etwas tun.“ gnitionsforscherin Katharina Turecek. „Daher gibt es viele Risikofaktoren, die wir selbst in der Hand haben.“Genauso wie man einem Herzinfarkt vorbeugen könne, gebe es auch die Alzheimer-Vorsorge. Dabei zeigt sich, dass diese Vorsorge auf den gleichen Säulen aufbaut wie die Vorkehrungen gegen die großen Killer Herzinfarkt und Schlaganfall: Es geht um einen allgemeinen gesunden Lebensstil, mit den zentralen Faktoren gesunde Ernährung und körperliche Bewegung. Turecek vergleicht die Vorsorge mit einem Orchester: „Ein toller Solist kann ein schlechtes Orchester genauso wenig retten, wie ein einzelnes Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel die geistige Gesundheit erhalten kann.“Entscheidend sei die Gesamtheit des Lebensstils.
Körperliche Bewegung ist für die Fitness des Gehirns ebenso wichtig wie für jene des restlichen Körpers. Laut Turecek sei Gehen dabei das beste Gehirn- jogging: Bei dieser ursprünglichsten aller Bewegungsformen werden vermehrt Botenstoffe ausgeschüttet und die Bildung neuer Nervenzellen werde gefördert. Prinzipiell könne das Gehirn mit einem Muskel verglichen werden, für den ebenfalls gilt: Benutze ihn – oder verliere ihn. Daher ist die lebenslange geistige Aktivität ein wichtiger Baustein der Demenz-Vorsorge (siehe rechts). Die Vorsorge selbst in die Hand zu nehmen, ist auch deshalb so wichtig, weil es bisher noch keine Medikamente gibt, mit denen die Alzheimer-Erkrankung verhindert werden kann. „Das heiße Thema ist, Biomarker zu finden, mit denen wir jene Personen herausfiltern können, bei denen sich eine Alzheimer-Erkrankung entwickeln wird“, sagt Schmidt. Und diese Menschen müssten rechtzeitig gefunden werden, noch bevor sie überhaupt Symptome haben – und die kognitive Reserve aufgebraucht ist. Daran werde momentan intensiv geforscht (siehe auch Interview nächste Seite).
In der Zwischenzeit ist es an jedem selbst, sein Orchester in die beste Aufstellung zu bringen. Fortsetzung von Seite 44