„Billige durch noch Billigere ersetzen“
Ein Dienstleistungsscheck für Asylwerber? Nicht nur der Vizekanzler kann dem nichts abgewinnen, auch unsere Leser sind dagegen.
Es klingt irrsinnig toll: Alle, die am Arbeitsmarkt nicht unterkommen, lassen wir, um ihnen eine Struktur zu geben und sie ein paar Euro dazuverdienen zu lassen, soziale Arbeit machen, freiwillig, wenn sie möchten. Sehr lobenswert, für 2 bis 6 Euro werden Parks geputzt und Wohnungen saniert. Abgesehen davon, dass genau dies die sozialen Spannungen erhöht, denn Sklaven im alten Rom hatten mehr (vgl.: „Das Recht auf Faulheit als Widerlegung des Rechts auf Arbeit“, Paul Lafargue, 1848. Der Schwiegersohn von Marx hat 1848 in einem Pariser Gefängnis einen fundierten Aufsatz geschrieben).
Welcher Politiker, NGO-Aktivist und Sozialarbeiter weiß, was „Crowding out“bedeutet? Wörtlich: „die Menge/Masse hinausdrängen“. Dies stimmt nicht ganz, es ist ein volkswirtschaftlicher Fachbegriff und heißt, die Ihre Leserbriefe richten Sie bitte an HERTHA BRUNNER & NORA KANZLER leserforum@ kleinezeitung. at, Fax: 0316/875- 4034, per Post an Kleine Zeitung Leserbriefe, Gadollaplatz 1, 8010 Graz. Bitte geben Sie Ihre genaue Wohnanschrift und Telefonnummer an. Wir behalten uns Kürzungen vor. Staatsinvestition drängt den Privaten hinaus. In diesem sehr konkreten Fall: Der Staat und die sozialen NGOs (inklusive Caritas) drängen den kleinen Müllsammler als Gemeindebediensteten und den Möbelpacker einer Privatfirma, beide mit kaum mehr als 8,09 Euro pro Stunde, mit noch Ärmeren mit 2 bis 6 Euro pro Stunde hinaus. Hier liegt der Nährboden für Radikalismus, wenn’s ums nackte Leben geht. Ein ehemaliger Geschäftsführer, Obdachloser und Vinzidorf-Bewohner.
Unverantwortlich
In Bayern ging ein Asylwerber auf Zugpassagiere los und im gleichen Augenblick möchte ein österreichisches Sozialministerium einen Dienstleistungsscheck für Asylwerber vorschlagen. Für Tätigkeiten in Haus und Garten und sogar Kinderbetreuung! Anscheinend versteht man hier die Tragweite und den Unterschied zwischen Asylberechtigten und Asylwerbern nicht. Bei Asylwerbern wird erst entschieden, ob sie überhaupt asylberechtigt sind und sich überhaupt bei uns aufhalten dürfen. Das heißt, es wird hier hoffentlich sehr genau und nach sehr strengen Regeln vorgegangen, wer überhaupt einmal Asyl bei uns bekommt. Also, ich kann nicht jemandem, von dem ich nicht einmal die Identität kenne, nicht einmal genau weiß, woher er kommt, ob er womöglich Straftaten begangen hat, einen Arbeitsscheck ausstellen. Dass dies zudem noch im Ausland verzerrt als Öffnung des gesamten Arbeitsmarktes aufgefasst werden könnte, wie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner völlig richtig zitiert wird, würde noch dazukommen. Jede Ausweitung es Freihandels erschwert den Abschied von der neoliberalen Wirtschaft, die ohne Frage unsere Lebensgrundlagen zerstört. Klimawandel und Artensterben sollten uns deutlich genug sagen, dass wir auf dem falschen Weg sind. Bertolt Brecht hat unsere Zeit sehr treffend charakterisiert: „Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen und schrien sich gegenseitig ihre Erfahrungen zu, wie sie schneller sägen könnten, und fuhren krachend in die Tiefe. Und die ihnen zusahen, schüttelten die Köpfe und sägten weiter.“
Wie sollte ein grundlegender Wandel unserer Lebens- und Wirtschaftsweise ohne Totalzusammenbruch gelingen, wenn sich die ganze Welt, über Frei- handelsverträge miteinander verknüpft, in einem mörderischen Konkurrenzkampf befindet?
Verdrehte Fakten
Die EU-phorische Berichterstattung zu den Brexit-Folgen verdreht die Fakten. Wahr ist, dass Großbritannien deutlich mehr Güter und Dienstleistungen aus der EU importiert als dorthin exportiert. Zölle würden die EU also deutlich mehr treffen als Großbritannien. Das Londoner Finanzzentrum atmet auf nach dem Ende der ungeliebten Regulierungen aus Brüssel, das aus der EU eine Verteilungs-, Haftungs-, Banken- und Schuldenunion gemacht hat, eine EUdSSR also.
Mit Großbritannien hatten die nördlichen EU-Geberländer ein Vetorecht gegenüber den südeuropäischen Nehmerländern. Nun bestimmt Südeuropa, was mit unserem Steuergeld geschieht. Logischerweise werden sich auch Österreichs EU-Beiträge weiter erhöhen, da mit Großbritannien ein wichtiges Geberland wegfällt. Die Briten haben ihren Bürgern mit dem Brexit viel Elend erspart und im Lande herrscht eine riesige Aufbruchstimmung, die in der zentralistischen EU völlig fehlt. Dank der Kleinen Zeitung für diesen brillanten Beitrag. „Durch unsere Schwächen werden diese Leute stärker.“Dies ist der wichtigste Satz im Essay von Herrn Levy! Unsere sogenannten „Ter-