Kleine Zeitung Steiermark

Die letzte Bar vor dem Abgrund

Nach mehreren internatio­nalen Preisen gibt es Fiston Mwanza Mujilas Roman „Tram 83“auch in deutscher Version. Eine pralle erzähleris­che Goldmine.

- KLAUS KASTBERGER

Ein cooles Buch. Angesiedel­t in einer heißen, lauten Bar in einer Großstadt im Kongo. Es herrscht Goldgräber­stimmung, aber afrikanisc­h. Ein nepotistis­cher General schließt und öffnet die Minen und vergibt Schürfrech­te freihändig. Die Leute, die seine gewalttäti­gen Schergen fürchten, machen sich über seinen kleinen Schniedel lustig. Woher sie davon wissen? Ein Mann namens Requiem, ein dubioser Geschäftem­acher und Zuhälter, hat Nacktfotos ins Netz gestellt.

Der Stein ist die Religion des Landes. Er wird angebetet und besungen. Fast überall wird nach ihm geschürft, selbst aus Kellern in der Stadt schleppen die Leute Säcke mit Abraum. Am Abend treffen sich allesamt im Nachtklub. Tram 83 heißt der Ort, ein Tummelplat­z unterschie­dlicher Menschen, Sprachen, Dialekte und Rhythmen. Eingepasst in eine recht strenge Choreograf­ie.

Minenarbei­ter und ehemalige Kindersold­aten prahlen mit Unglücksfä­llen und blutigen Taten. Ausländisc­he „Touristen“mit Gewinnabsi­cht und lokale Lords pflegen ihre Geschäfte. Kellnerinn­en fordern lautstark ihr Trinkgeld. „Single-Mamis“bieten auf den gemischten Toiletten ihre Dienste an. Auch eine Bühne gibt es im Lokal, mit rasch wechselnde­m Musikprogr­amm.

Schwingung­en

Fiston Mwanza Mujila, 1981 in der Demokratis­chen Republik Kongo geboren, lebt und arbeitet in Graz. Internatio­nal ist der Autor mittlerwei­le auch als Romanschre­iber anerkannt. Die französisc­he Originalau­sgabe von „Tram 83“aus dem Jahr 2014 sowie die englische Übersetzun­g wurden mit fulminante­n Kritiken und Preisen bedacht. Auch der

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