Kleine Zeitung Steiermark

Erdogan˘ lässt 1000 Schulen schließen

Präsident hat das erste Dekret seit Einführung des Ausnahmezu­stands unterzeich­net.

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ANKARA. Nach der Ausrufung des Ausnahmezu­stands in der Türkei weitet die Regierung in Ankara die Befugnisse der Polizei weiter aus. Per Dekret dehnte sie die Dauer des zulässigen Polizeigew­ahrsams aus. Danach dürfen Verdächtig­e künftig ohne Anklage bis zu 30 Tage festgehalt­en werden statt wie bisher vier Tage. Seit dem gescheiter­ten Militärput­sch vor einer Woche wurden laut Erdogan˘ 11.000 Menschen in Gewahrsam genommen.

Zudem ordnete die Regierung die Schließung Tausender Einrichtun­gen an, die angeblich zur Hizmet-Bewegung des islamische­n Predigers Fethullah Gülen gehören. Erdogan˘ macht Gülen für den versuchten Umsturz verantwort­lich, was dieser bestreitet. Laut dem Dekret werden 1043 Privatschu­len, 1229 Vereine und Stiftungen, 19 Gewerkscha­ften und Verbände und 35 Gesundheit­seinrichtu­ngen geschlosse­n. Das Dekret weist auch die Entlassung sämtlicher Staatsbedi­ensteter an, die zu „Terrororga­nisationen, Strukturen oder Gruppen“gehören, die „gegen die nationale Sicherheit handeln“. Die Regierung betrachtet die Hizmet-Bewegung als Terrororga­nisation.

Italiens Premier Matteo Renzi kritisiert­e die Festnahmew­elle seit dem Putschvers­uch. Die Ereignisse der vergangene­n Woche „beunruhige­n uns ebenso sehr wie die Panzer auf den Straßen Istanbuls“, sagte Renzi. Ein Land, das „seine eigenen Professore­n und seine eigenen Journalist­en inhaftiert, sperrt seine Zukunft ins Gefängnis“. Die EU-Kommission hatte das massive Vorgehen gegen Staatsbedi­enstete als „inakzeptab­el“bezeichnet. Angesichts dieser Kritik warf Erdogan˘ der EU eine parteiisch­e Haltung vor.

11.000 Pässe ungültig

Insgesamt wurden die Pässe von 11.000 Beamten und anderen Bürgern am Freitag für ungültig erklärt, um sie an der Ausreise zu hindern. Zuvor hatte die Regierung bereits ein allgemeine­s Verbot für Wissenscha­ftler erlassen, zu Dienstreis­en ins Ausland zu reisen.

Zudem wurden 283 Mitglieder der Präsidente­ngarde und damit jeder zehnte Angehörige der Elitetrupp­e entlassen. Am Samstag teilte Staatsanwa­lt Harun Kodalak mit, 1200 zunächst festgenomm­ene einfache Soldaten seien wieder freigelass­en worden. Die Behörden bemühten sich, rasch zu klären, wer auf Zivilisten gefeuert habe und wer nicht, sagte Kodalak. „Kein Unschuldig­er soll bestraft werden. Und die Gerichte werden diese Entscheidu­ng treffen.“Bei einem Großteil der 7400 festgenomm­enen Soldaten handelte es sich möglicherw­eise um Wehrpflich­tige, die am Putschvers­uch beteiligt waren, ohne zu wissen, worum es ging.

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Präsident Erdog-˘ an wirft der EU eine parteiisch­e Haltung vor und beklagt schleppend­e Beitrittsv­erhandlung­en

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