Dem Grauen standgehalten
Die Schreckensbilder barbarischer, islamistisch motivierter Gewalt der jüngsten Zeit haben sich derart tief in uns festgesetzt, dass sie längst die Steuerungsmacht über das Denken und Einordnen übernommen haben. Als die Nachrichten über den Massenmord von München hereinbrachen, schien der Sog der Assoziationskette übermächtig: schon wieder. Und schon wieder ein politischer Terrorakt gegen die westliche Gesellschaft und ihre Art zu leben. Die Ermittlungen zwingen dazu, aus den Denkbahnen auszubrechen, auch wenn einige politische Münzensammler lieber in ihnen geblieben wären.
Dieses Verbrechen bildet mit Nizza oder Brüssel keine Verbindungslinie. Eher zeigen sich Parallelen zu Amokläufen junger Psychopathen im Umfeld der Schulwelt, inspiriert von Außenseitertum und dem enthemmenden Charakter von Gewaltspielen. Ziel ist nicht die westliche Welt, sondern die Welt der Gleichaltrigen, an denen sich der Täter für das eigene Unglück rächt, ehe er ihm ein Ende setzt. Das öffentlich inszenierte Blutbad verschafft dem Killer eine monströse Allmacht, die seine Ohnmacht für Augenblicke aufhebt.
Diese Einordnung beschönigt und lindert nichts. Es verbietet sich das Wort „nur“. Ein „klassischer Amoklauf“mindert nicht die Dimension des Verbrechens. Für die Angehörigen der Opfer sind Fragen der Klassifizierung unerheblich. Sie kompensieren nicht den Verlust. Die Behörden und die Gesellschaft freilich müssen den Fragen auf den Grund gehen, um zu lernen, auch um sich wappnen zu lernen. Eine der Fragen ist jene nach der Relevanz der Herkunft. „Tat und Täter haben keinen Bezug zu den Flüchtlingen“, sagte der Polizeipräsident. Stimmt das? Der Täter ist hier geboren, ein Münchner Kind, ein Münchner Migrationskind. Der Iran-Deutsche fühlte sich
Wgemobbt, nicht von den Deutschen, sondern von Heranwachsenden sunnitischen Glaubens, vor allem Türken. Die Opfer waren mehrheitlich junge Ausländer. Das war kein Zufall, sondern Teil der mörderischen Regie. Das hieße, dass wir es hier mit einer neuen Facette entmenschter Gewalt zu tun hätten, die ihre Wurzeln in Konflikten der Herkunftsländer haben. Jetzt brechen sie mitten in Europa eruptiv auf. as trotz des Entsetzens der Zuversicht ihren Platz lässt: wie souverän die Sicherheitskräfte agierten. Hier war ein starker Staat spürbar und darin eingebettet eine starke zivile Gesellschaft, die selbst in Stunden tiefster Verunsicherung Fremden Schutz bot. Die Bürger ließen sich von Angst und Misstrauen nicht vergiften. Das war eine ermutigende Manifestation der Wehrhaftigkeit. Sie erreichen den Autor unter