Freiheitsdrang
vat betrat die Fotokünstlerin immer wieder Neuland und suchte dabei zumeist den unbequemen, unangepassten Weg.
Floß der Medusa
Nach turbulenten Anfängen als „eigenwilliges“Scheidungskind war Semotan zunächst als Model in Paris tätig, ehe sie Ende der 1960er-Jahre hinter die Kamera wechselte und zur gefragten Mitarbeiterin von Modemagazinen wie Vogue, Elle oder Harper’s Bazaar wurde. „Ich mache Porträts von Menschen, die Kleider tragen“, lautete dabei ihr Erfolgsrezept, das sie fortan tausendfach erprobte: an Hollywoodstars wie Colin Farrell, Kirsten Dunst und Brad Pitt, Künstlerkolleginnen wie Elfriede Jelinek und Maria Lassnig und natürlich an ihren beiden Ehemännern. Martin Kippenberger porträtierte sie beispielsweise während der gemeinsamen Hochzeitsreise nach Venedig mit einer Taube auf dem Kopf und ein Jahr später – nur kurz vor seinem Tod – als verzweifelten Schiffbrüchigen in der Fotoserie „Das Floß der Medusa“.
Heute fotografiert Semotan, die zwei Söhne aus erster Ehe großgezogen hat, am liebsten Stillleben. Am Ende ihrer Autobiografie heißt es fast ein wenig entschuldigend: „Ich habe diese Momente gesteigerter Aufmerksamkeit anderen gegenüber immer geliebt, sie strengten mich aber auch sehr an. Stillleben brauchen eine andere Art von Aufmerksamkeit. Ich kann mich ganz und gar darauf konzentrieren, was ich sehe, und Dinge leichten Herzens verwerfen. Mit den Stillleben bin ich frei.“
Elfriede Kippenberger-Kocherscheidt, der es immer um „eine andere Art von Schönheit“ging, hat sich ihre Freiheiten hart erkämpfen müssen. Ihr locker dahingeplaudertes Buch lässt uns an ihrer Selbstfindung als Mannequin, Künstlermuse und Starfotografin höchst gewinnbringend teilhaben.