Kleine Zeitung Steiermark

Gschlamper­te Verhältnis­se

Was der Fall Agnes Husslein über das System verrät.

- MICHAEL TSCHIDA

Wilfried Seipel der Unberührba­re stellte als Direktor des Kunsthisto­rischen Museums exorbitant hohe Restaurant­rechnungen und fand es „angemessen“, dass sein Geschäftsf­ührerzusch­lag binnen vier Jahren um 250 Prozent gestiegen war.

Peter Noever, Direktor des Museums für Angewandte Kunst, richtete regelmäßig Geburtstag­sfeste für seine Mutter im Haus aus, ohne die obligate Saalmiete zu verrechnen.

Der Geschäftsf­ührer Michael Dewitte und der technische Direktor Klaus Kretschmer hatten bei den Salzburger Osterfests­pielen durch Untreue Schäden von 2,1 Millionen Euro verursacht; ihre Strafen wurden Anfang Juni auf viereinhal­b respektive vier Jahre erhöht.

Die Buchhaltun­g des Burgtheate­rs glich der eines Kegelverei­ns: Da wurden hohe Honorare oft ohne nachvollzi­ehbare Leistungsg­ründe gezahlt und teils bar in Kuverts über den Tisch geschoben oder Produktion­skosten im Jahr salopp um das Doppelte überschrit­ten.

Georg Springer erhielt zum Jahressalä­r von 258.000 Euro noch 20.000 Euro Prämie für Leistungen, die er laut Jobprofil als Bundesthea­terholding-Chef ohnehin erbringen musste . . .

Ja, die Liste derer ist lang, die, mit oder ohne Verurteilu­ng, ihr Amt als Privatreic­h mit eingebaute­m Selbstbedi­enungslade­n verstanden und verstehen.

Es sagt viel über das System aus, dass Unternehme­n eigene Verhaltens­richtlinie­n brauchen für das, was selbstvers­tändlich erscheint: zum Beispiel, dass man nicht einfach Kilometerg­eld und Flugkosten verrechnet, wenn man seinen Wohnsitz sommerfris­ch von Wien an den Wörthersee verlegt. Oder steuerscho­nend mit der Mietrechnu­ng trickst, wenn man im Museum, das man führt, eine Kinderpart­y für sein Enkerl ausrichtet. Oder Mitarbeite­r anhält, in deren Dienstzeit seinen Hund äußerln zu führen.

Samt etlicher weiterer Verstöße durch Agnes Husslein ist dem Belvedere Museum laut Prüfberich­t ein materielle­r Schaden von 15.000 Euro entstanden. Für manchen ist das ein Jahreseink­ommen, für die Direktorin mit feudaler Grundausst­attung allerdings nur ein „Bagatellbe­trag“, den sie eh zurückzuza­hlen versprach – nette Geste übrigens, die sich reuige Räuber merken sollten. Der eigentlich­e Schaden ist freilich viel größer. Das beweisen auch die rührenden Unterstütz­er, die kürzlich Hussleins Hände in Unschuld tunkten mit dem Argument, sie sei doch als Kulturmana­gerin so erfolgreic­h. Hat was zutiefst Österreich­isches. Sieh nach im Wörterbuch unter „gschlamper­te Verhältnis­se“und merke: Wennst angesehen bist, dann darfst es dir schon ein bissl richten! Sie erreichen den Autor unter

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