„Es gibt weder böse noch
Im Laufe des Sommers bitten wir Politikerinnen und Politiker zum Gespräch über ihre sommerliche Zwischenbilanz. Herbert Kickl gilt als Hirn der FPÖ. Der blaue General über Unterschiede zwischen ihm und HC Strache, Dialektik in der FPÖ und sein Unwohlsein
Sie haben mit einem Studium der Philosophie eine für FPÖPolitiker ziemlich ungewöhnliche Ausbildung gemacht. Was bringt Ihnen das in Ihrer Arbeit als FPÖ-Mastermind? HERBERT KICKL: Was mich im Studium fasziniert hat und im politischen Denken hilft, ist der dialektische Zugang. Dinge sind nicht so oder so, nicht schwarz oder weiß. Auch nicht in der FPÖ.
Gerade die FPÖ hat zumeist wenig dialektische Lösungsansätze. KICKL: Wenn ich etwa den europäischen Gedanken als Einheit in der Vielfalt zusammenfasse, finde ich das schon zutiefst dialektisch. Das ist nicht entweder Zentralismus oder Nationalismus.
Ihr einstiger Slogan „Daham statt Islam“war jetzt aber nicht unbedingt dialektisch, Herr Kickl. KICKL: Man muss natürlich verknappen. Das Wahre ist das Ganze. Aber ich ringe in der politischen Kommunikation um Aufmerksamkeit. Die Tatsache, dass Sie sich bis heute an diesen Slogan erinnern können, gibt der Methode doch recht. Ich kenne inhaltliche Kritik daran, aber: Wäre es Ihnen umgekehrt lieber?
Wie meinen Sie, umgekehrt? KICKL: Na ja, Islam statt daham.
Auch nicht sehr dialektisch. Aber wie kommt man nun als Philosophiestudent zur FPÖ? KICKL: Das ergab sich über einen Studienkollegen. Der war im Freiheitlichen Bildungswerk tä-
Ptig und hat mich gefragt, ob ich dabei sein will. Ich habe dann gesagt, ich widerlege die weitverbreitete These, dass Philosophen zwei linke Hände haben und für nix zu gebrauchen sind.
Sie sagten einmal, dass schenschaften „nicht Ihre sind“. Warum nicht? KICKL: Ich fühle mich bei allem, was zu sehr ins Gruppenmäßige geht, nicht sehr wohl. Auch damals beim Bundesheer. Es hat also nichts mit Ideologie zu tun.
Eine Partei ist auch eine Gruppe. KICKL: Natürlich. Aber sie lässt Freiraum für Individualität.
Vor allem in einer zentralen Rolle, wie Sie sie in der FPÖ haben. KICKL: Das sieht man doch an meinem Titel als Generalsekretär: Manchmal bin ich mehr General, manchmal mehr Sekretär. Dass ich vielleicht auch einen Beitrag zum Erfolg der FPÖ in BurWelt den letzten zehn Jahren beigetragen habe, macht mich aber stolz.
Was treibt jemanden an, 20 Jahre lang alles für die FPÖ zu geben? KICKL: Eines meiner Hauptmotive war das Thema Gerechtigkeit. Die herzustellen ist sozusagen mein Antrieb. Da gibt es Tausende Dinge: etwa die Frage, ob es gerecht ist, die eigenen Staatsbürger bei der Familienbeihilfe zu diskriminieren.
Endet Ihr Gerechtigkeitsbegriff bei der Staatsbürgerschaft? KICKL: Es geht ja auch um Pflichten: Staatsbürger haben welche, die andere nicht haben – etwa den Militärdienst.
Sie fänden es also gerecht, würden Ausländer keine AMS-Leistungen mehr bekommen, wie es Ihre Partei vorgeschlagen hat. KICKL: Da geht es um Management von Ressourcen. Und die Ressource Steuergeld ist endlich. Damit stehe ich in einer Verteilungsproblematik. Und wenn das Geld wie jetzt knapp ist, hat die Politik die Aufgabe, auf die eigenen Staatsbürger zu schauen. Das ist nichts Unanständiges.
Herr Kickl, haben Sie eigentlich etwas gegen Ausländer? KICKL: Diese Frage ist polemisch. Diese Unterscheidung ist nicht gleichbedeutend mit gut oder böse. Ich unterscheide, was dieser und jener Mensch macht. Es gibt weder böse noch gute Menschen – jede einzelne Handlung ist zu bewerten.
Was würden Sie tun, wenn Ihr 16-jähriger Sohn mit einer türkischen Freundin daherkäme? KICKL: Das schließe ich eigentlich aus. Eine Beziehung heißt ja, emotional und inhaltlich auf einer Wellenlänge zu sein. Wäre das eine Türkin, würden Sie die nicht mehr als Türkin erkennen.