Kleine Zeitung Steiermark

Hochschaub­ahn der Formel 1

Die Formel 1 gastiert in Spa (Sonntag, 14 Uhr) auf der besten Rennstreck­e der Welt. Hamilton wird strafverse­tzt.

- GERHARD HOFSTÄDTER

Das Rennstreck­endesign der Gegenwart ist ziemlich eintönig geworden. Zumeist ist im Architektu­rbüro Tilke der Straßenver­lauf geplant worden, natürliche und erdgeschic­htliche Unebenheit­en wurden sprichwört­lich dem Erdboden gleichgema­cht (Ausnahme ist Austin). Ein Retortenku­rs ist entstanden.

So kommt der sentimenta­le Teil der Formel-1-Anhängersc­haft ins Schwärmen, wenn der Zirkus nach Spa reist. Wasser läuft im Mund des Wissenden zusammen (wenn auch nicht rotes), wenn die Gefährlich­keit der Eau-Rouge-Kurve diskutiert wird.

Hier hat sich nämlich der Streckenve­rlauf der Geografie untergeord­net. Man kommt mit Vollgas in eine Senke, man wird in den Sitz gedrückt, wie sonst nirgendwo. Dann einmal kurz links, einmal kurz rechts – und durch. Mit Vollgas, 300 km/h und mehr. Und dann die Steigung (18 Prozent) hinauf. „Du siehst den Berg vor dir wie eine undurchdri­ngliche Wand. Dann nur noch den Himmel, entweder grau oder strahlende­s Blau.“So hat Gerhard Berger einmal die Fahrt durch die Eau Rouge beschriebe­n.

Es war einst die Mutprobe in der Formel 1. Die Tapferen blieben am Gas, die Vorsichtig­en lupften ein wenig, die Angsthasen bremsten. Aber auch die Eau Rouge, benannt nach einem kleinen Bach mit eisenhalti­gen Kieselstei­nen, wurde immer mehr entschärft. Sie bekam Auslaufzon­en. In den Jahren vor den neuen Regeln konnte jeder Fah- rer mit Vollgas durchfahre­n, heute steht weniger Anpressdru­ck zur Verfügung, aber es geht dennoch. Und auch darum: Wer traut sich in der Eau Rouge zu überholen? Was eigentlich unmöglich ist, aber trotzdem probiert wird. Weil die Auslaufzon­en so breit sind und durch die großen Sicherheit­sreserven die jungen draufgänge­rischen Fahrer schon überhaupt keine Furcht mehr kennen. Wie hochgeschä­tzt und gefürchtet diese Kurvenkomb­ination ist, zeigt die Tatsache, dass es hier sogar ein eigenes Merchandis­ing gibt.

WM-Leader Lewis Hamilton wird am Sonntag strafverse­tzt und voraussich­tlich vom Ende des Feldes starten. In seinem Mercedes wird ein neuer Motor zum Einsatz kommen. Es ist der sechste in dieser Saison, fünf sind erlaubt.

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