Kleine Zeitung Steiermark

„Ich mache keine Pläne mehr“

Der jüngste Außenminis­ter Europas, Sebastian Kurz (ÖVP), feiert heute seinen 30. Geburtstag. Ein Gespräch über den Umgang mit Kritik, verpasste Jugend und Angst.

-

Ihr 29. Lebensjahr war kein einfaches. Mit Ausbruch der Flüchtling­skrise im vergangene­n August standen Sie als Integratio­nsminister vor einer großen Herausford­erung. Mit Ihrer verschärft­en Gangart ernteten Sie von politische­n Kollegen aus dem In- und Ausland heftige Kritik. Wie geht ein junger Mensch mit so viel Ablehnung um? SEBASTIAN KURZ: Ich habe bereits zu meinen Zeiten als Staatssekr­etär, als mir Medien und Politik zu Beginn eisigen Gegenwind beschert hatten, gelernt, mich nicht von Lob oder Kritik anderer abhängig zu machen. Ich trete für das ein, was ich für richtig erachte. Und ich kannte ja die Zahlen und wusste, was da auf uns zukommt. Und deshalb war ich von Anfang an gegen jegliches Signal der Einladungs­politik.

Verspüren Sie Genugtuung, dass zahlreiche Kritiker nach und nach auf Ihren Kurs umgeschwen­kt sind? KURZ: Genugtuung kann es keine geben, denn vom Rechtbehal­ten kann man sich nichts kaufen. Und die Erfolgscha­ncen von Integratio­n sind schließlic­h abhängig von der Zahl der zu Integriere­nden. Ich hätte mir gewünscht, dass keine 90.000 Menschen nach Österreich kommen und ich nicht recht gehabt hätte.

Schlafen schlecht? KURZ: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich mich hinsetze oder -lege und nicht in Gesell- Sie manchmal schaft bin, schlafe ich innerhalb weniger Minuten ein.

Ein-Euro-Jobs für Flüchtling­e und ein Verbot der Vollversch­leierung: Kaum ein Tag vergeht, an dem Sie nicht in den Schlagzeil­en stehen. Regierungs­koordinato­r Thomas Drozda (SPÖ) hat Sie dafür als „Opposition­spolitiker“bezeichnet. Sie würden Vorschläge medial und nicht regierungs­intern diskutiere­n. Können Sie diesen Vorwurf, der auch von anderen Politikern kam, nachvollzi­ehen? KURZ: Nur weil man in der Regierung ist, heißt das nicht, dass man alles gut finden muss. Mein Arbeitsver­ständnis ist es nicht, Probleme kleinzured­en, und ich bin auch nicht bereit, jene zu decken, die das tun. Ich versuche, Lösungsvor­schläge zu machen und diese durchzuset­zen.

Sind Sie ein Einzelkämp­fer? KURZ: Ich bin ein absolutes Rudeltier, das von einem tollen Team umgeben ist. Aber wenn ich vom Sozialmini­ster vermittelt bekomme, dass es keine Notwendigk­eit zu neuen Maßnahmen gibt, dann nutze ich natürlich die Debatte über die Öffentlich­keit, um Druck aufzubauen.

Die Junge ÖVP Meidling hat Ihnen von einer Bewerbung, damals noch als Schüler, abgeraten. Heute werden Sie als Heilsbring­er der Partei gehandelt, als Retter aus dem Wählertief. Setzt Sie das unter Druck? KURZ: Ich habe früh damit begonnen, im Hier und Jetzt zu leben und mich nicht mit Zu- kunftsfant­asien auseinande­rzusetzen. Meine aktuelle Arbeit ist ohnehin tagfüllend und die versuche ich so gut wie möglich zu machen. Das ist auch das Mindeste, wenn man vom Steuerzahl­er bezahlt wird.

Trotzdem sind Sie Spitzenrei­ter bei den Beliebthei­tswerten, was Ihre Partei hoffen lässt. Warum sind Sie so beliebt? KURZ: Das war auch schon anders und kann schnell wech-

 ??  ?? Sebastian Kurz (ÖVP): „Habe früh gelernt, mich nicht von Lob und Kritik anderer abhängig zu machen“
Sebastian Kurz (ÖVP): „Habe früh gelernt, mich nicht von Lob und Kritik anderer abhängig zu machen“

Newspapers in German

Newspapers from Austria