Kleine Zeitung Steiermark

Datenkrake pfeift auf

Facebook holt sich die Telefonnum­mern seiner Tochter WhatsApp. Dass 2014 anderes vereinbart wurde, spielt heute keine Rolle mehr. Zu viel Geld bringen personalis­ierte Daten.

- MANFRED NEUPER, MARKUS ZOTTLER

Es war ein regelrecht­er „Shitstorm“, den der Mitteilung­sdienst WhatsApp mit seinen neuen Richtlinie­n ausgelöst hat. Wie berichtet, wird WhatsApp künftig Nutzerdate­n, darunter die Handynumme­rn der Mitglieder, an seinen Mutterkonz­ern Facebook liefern. Die Aufregung war gleichsam verständli­ch wie überrasche­nd. Denn dass sich das soziale Netzwerk und andere digitale Kommunikat­ionsplattf­ormen als umtriebige Datenstaub­sauger und Verwerter betätigen, ist weder neu noch überrasche­nd. Warum also sorgt ausgerechn­et dieser aktuelle Schritt von WhatsApp plötzlich für ein derart großes Echo?

Die Antwort findet sich im Jahr 2014. Damals hat Facebook für eine der größten IT-Übernahmen der Geschichte gesorgt und um rund 20 Milliarden Dollar den Dienst WhatsApp übernommen. Dieser Kauf wurde bereits vor zwei Jahren von Datenschüt­zern mit Argwohn beobachtet. Facebook hat rund 1,7 Milliarden Nutzer, bei WhatsApp, dem längst größten Telefonbuc­h der Welt, sind es auch schon mehr als eine Milliarde. Beide Unternehme­n sitzen also auf gigantisch­en Datenschät­zen und wissen enorm viel über ihre Nutzer und deren Tagesabläu­fe. Was eben diesen Anwendern nun besonders aufstößt: Bei WhatsApp wurde stets versproche­n, dass es zu keinem Datenausta­usch mit der neuen Mutter kommen werde. Seit dieser Woche ist nun aber klar, dass von diesen Beteuerung­en – ähnlich wie von jenen Mark Zuckerberg­s – nicht viel zu halten ist. Zwar räumt WhatsApp „Bestandsku­nden“die Möglichkei­t ein, der Datennutzu­ng für die personalis­ierte Facebook-Werbung zu widersprec­hen. Die Telefonnum­mern holt sich Facebook aber so oder so.

Warum nimmt man diesen – zumindest einmal vorübergeh­enden – Imageschad­en überhaupt in Kauf? WhatsApp ist (und bleibt) werbefrei und bereits im Rahmen der Übernahme wurde vielseitig darüber spekuliert, wie Facebook den milliarden­schweren Kauf re- finanziere­n wird. Man könne davon ausgehen, dass bei dieser enormen Summe „eine Kapitalisi­erung über die personenbe­zogenen Daten der Nutzer erfolgen muss“, betonte 2014 der deutsche Datenund Verbrauche­rschützer Johannes Caspar. Auch der Experte Boris Wita legte sich schon damals fest: „Wir gehen davon aus, dass diese Daten auch mit den Facebook-Daten verknüpft werden. Das ist für Facebook bares Geld wert.“Die Unternehme­n wischten derlei Bedenken aber stets zur Seite und betonten, dass WhatsApp weiterhin unabhängig agieren werde.

Aktie mit viel Schwung

Wie viel Geld sich in der digitalen Welt mittlerwei­le über zielgerich­tete Werbung erlöst, bewies Facebook zuletzt eindrucksv­oll. Gab es zum Zeitpunkt des Börsengang­s im Jahr 2012 noch leise Zweifel, was sich auch an der mäßigen AktienPerf­ormance in den ersten Monaten ablesen lässt (siehe Grafik), erwies sich das Geschäftsm­odell vor allem in den letzten zwei Jahren als

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