Datenkrake pfeift auf
Facebook holt sich die Telefonnummern seiner Tochter WhatsApp. Dass 2014 anderes vereinbart wurde, spielt heute keine Rolle mehr. Zu viel Geld bringen personalisierte Daten.
Es war ein regelrechter „Shitstorm“, den der Mitteilungsdienst WhatsApp mit seinen neuen Richtlinien ausgelöst hat. Wie berichtet, wird WhatsApp künftig Nutzerdaten, darunter die Handynummern der Mitglieder, an seinen Mutterkonzern Facebook liefern. Die Aufregung war gleichsam verständlich wie überraschend. Denn dass sich das soziale Netzwerk und andere digitale Kommunikationsplattformen als umtriebige Datenstaubsauger und Verwerter betätigen, ist weder neu noch überraschend. Warum also sorgt ausgerechnet dieser aktuelle Schritt von WhatsApp plötzlich für ein derart großes Echo?
Die Antwort findet sich im Jahr 2014. Damals hat Facebook für eine der größten IT-Übernahmen der Geschichte gesorgt und um rund 20 Milliarden Dollar den Dienst WhatsApp übernommen. Dieser Kauf wurde bereits vor zwei Jahren von Datenschützern mit Argwohn beobachtet. Facebook hat rund 1,7 Milliarden Nutzer, bei WhatsApp, dem längst größten Telefonbuch der Welt, sind es auch schon mehr als eine Milliarde. Beide Unternehmen sitzen also auf gigantischen Datenschätzen und wissen enorm viel über ihre Nutzer und deren Tagesabläufe. Was eben diesen Anwendern nun besonders aufstößt: Bei WhatsApp wurde stets versprochen, dass es zu keinem Datenaustausch mit der neuen Mutter kommen werde. Seit dieser Woche ist nun aber klar, dass von diesen Beteuerungen – ähnlich wie von jenen Mark Zuckerbergs – nicht viel zu halten ist. Zwar räumt WhatsApp „Bestandskunden“die Möglichkeit ein, der Datennutzung für die personalisierte Facebook-Werbung zu widersprechen. Die Telefonnummern holt sich Facebook aber so oder so.
Warum nimmt man diesen – zumindest einmal vorübergehenden – Imageschaden überhaupt in Kauf? WhatsApp ist (und bleibt) werbefrei und bereits im Rahmen der Übernahme wurde vielseitig darüber spekuliert, wie Facebook den milliardenschweren Kauf re- finanzieren wird. Man könne davon ausgehen, dass bei dieser enormen Summe „eine Kapitalisierung über die personenbezogenen Daten der Nutzer erfolgen muss“, betonte 2014 der deutsche Datenund Verbraucherschützer Johannes Caspar. Auch der Experte Boris Wita legte sich schon damals fest: „Wir gehen davon aus, dass diese Daten auch mit den Facebook-Daten verknüpft werden. Das ist für Facebook bares Geld wert.“Die Unternehmen wischten derlei Bedenken aber stets zur Seite und betonten, dass WhatsApp weiterhin unabhängig agieren werde.
Aktie mit viel Schwung
Wie viel Geld sich in der digitalen Welt mittlerweile über zielgerichtete Werbung erlöst, bewies Facebook zuletzt eindrucksvoll. Gab es zum Zeitpunkt des Börsengangs im Jahr 2012 noch leise Zweifel, was sich auch an der mäßigen AktienPerformance in den ersten Monaten ablesen lässt (siehe Grafik), erwies sich das Geschäftsmodell vor allem in den letzten zwei Jahren als