Steirer denken
Zivilschutz: Nicht Terror oder Flucht, sondern ein tagelanger Stromausfall gilt als realistische Bedrohung für die Steiermark. Ein ernsthaftes Problem: die Nachlässigkeit vieler Steirer.
Als „Geheimkonzept zum Schutz der Bevölkerung vor dem Terror“hat er Schlagzeilen in Deutschland geschrieben: Der Zivilschutzplan, der von Berlin zuletzt im Jahr 1995 angepasst worden ist. Eine Novelle wäre Routine, aber da war schon der „Hamster“beim deutschen Nachbarn los: Die als Aufruf zu Hamsterkäufen (miss-)verstandene Neufassung sorgte im Sog der Flüchtlingssituation für hitzige Debatten. Und hierzulande?
„Wurden wir bestätigt, dass es richtig war, eine im Herbst geplante Aktion zur besseren Bevorratung in der Steiermark abzusagen. Das hätte nur zu Missverständnissen geführt“, ist Wolfgang Hübel (Sicherheitsmanagement und Bevölkerungsschutz Graz) überzeugt.
Nicht unrecht ist den Verantwortlichen hingegen, dass vor dem jährlichen Zivilschutztag (1. Oktober) wieder über den Zivilschutz gesprochen wird. Trotz der eifrigen Vortragsarbeit an Schulen, der Kurse für Einsatzkräfte und der Arbeit der Zivilschutzbeauftragten in allen Gemeinden: Das Interesse der Bevölkerung sei eingeschlafen, bedauert man beim Roten Kreuz.
Hausverstand animieren
Um das zu ändern, braucht es keine zusätzlichen Gesetze: „Wir müssen den Hausverstand animieren“, ist Heribert Uhl vom steirischen Zivilschutzverband überzeugt. Abseits von Panikmache und Tagespolitik stellen sich die Experten auf realistische Bedrohungsszenarien ein: auf die Folgen eines tagelangen, massiven Stromausfalls und die Folgen einer groß angelegten Cyberatta- cke. Freilich genügt auch ein heftiger Wintereinbruch. In jedem Fall sei es klug, einen Vorrat an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten zu haben, um „sieben bis zehn Tage über die Runden zu kommen“, rät Uhl. Noch nützlich: ein Radio, um im Ernstfall keine Behördendurchsage zu verpassen. Die Einstiegsfrage jedoch lautet: „Wissen Sie, wo bei Ihnen zu Hause eine funktionstüchtige Taschenlampe liegt?“
Keine Hamsterkäufe
Meldungen über Hamsterkäufe sind den steirischen Fachleuten nicht bekannt. Ebenso wenig gesteigertes Interesse an Trockennahrung oder Notfallpaketen. Solche wurden zwar „vom Zivilschutzverband angeboten, aber nicht sehr gut angenommen“, räumt Uhl ein. Aber was tun, wenn die Vorratskammer leer ist?
Ein Lager mit Grundnahrungsmitteln gibt es nicht. „Bei 1,2 Millionen Steirern müsste es riesig sein. Selbst wenn: So ein Lager in Graz würde der Murtaler Bevölkerung nicht helfen.“Das Rote Kreuz wiederum verfügt über Notvorräte für Einsätze, betreibt aber kein Lebensmittellager.
Daher, verrät Katastrophenschützer Helmut Kreuzwirth, hat das Land mit großen Handelsunternehmen Gespräche geführt. Diese sollten Vorräte auf Abruf bereithalten. Einig wurde man sich aber nicht: Die Logistik ist darauf nicht eingerichtet. Theoretisch könnte der Bund per Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz (aus 1997) zugreifen, um die „Störung der Versorgung“mit Essen und Trinken zu beheben.
Sehr wohl in großen Mengen gelagert sind Schutzmasken und das Grippemittel Tamiflu, bestätigt man im Grazer Rathaus.