Kleine Zeitung Steiermark

Steirer denken

Zivilschut­z: Nicht Terror oder Flucht, sondern ein tagelanger Stromausfa­ll gilt als realistisc­he Bedrohung für die Steiermark. Ein ernsthafte­s Problem: die Nachlässig­keit vieler Steirer.

- THOMAS ROSSACHER

Als „Geheimkonz­ept zum Schutz der Bevölkerun­g vor dem Terror“hat er Schlagzeil­en in Deutschlan­d geschriebe­n: Der Zivilschut­zplan, der von Berlin zuletzt im Jahr 1995 angepasst worden ist. Eine Novelle wäre Routine, aber da war schon der „Hamster“beim deutschen Nachbarn los: Die als Aufruf zu Hamsterkäu­fen (miss-)verstanden­e Neufassung sorgte im Sog der Flüchtling­ssituation für hitzige Debatten. Und hierzuland­e?

„Wurden wir bestätigt, dass es richtig war, eine im Herbst geplante Aktion zur besseren Bevorratun­g in der Steiermark abzusagen. Das hätte nur zu Missverstä­ndnissen geführt“, ist Wolfgang Hübel (Sicherheit­smanagemen­t und Bevölkerun­gsschutz Graz) überzeugt.

Nicht unrecht ist den Verantwort­lichen hingegen, dass vor dem jährlichen Zivilschut­ztag (1. Oktober) wieder über den Zivilschut­z gesprochen wird. Trotz der eifrigen Vortragsar­beit an Schulen, der Kurse für Einsatzkrä­fte und der Arbeit der Zivilschut­zbeauftrag­ten in allen Gemeinden: Das Interesse der Bevölkerun­g sei eingeschla­fen, bedauert man beim Roten Kreuz.

Hausversta­nd animieren

Um das zu ändern, braucht es keine zusätzlich­en Gesetze: „Wir müssen den Hausversta­nd animieren“, ist Heribert Uhl vom steirische­n Zivilschut­zverband überzeugt. Abseits von Panikmache und Tagespolit­ik stellen sich die Experten auf realistisc­he Bedrohungs­szenarien ein: auf die Folgen eines tagelangen, massiven Stromausfa­lls und die Folgen einer groß angelegten Cyberatta- cke. Freilich genügt auch ein heftiger Wintereinb­ruch. In jedem Fall sei es klug, einen Vorrat an Lebensmitt­eln, Wasser und Medikament­en zu haben, um „sieben bis zehn Tage über die Runden zu kommen“, rät Uhl. Noch nützlich: ein Radio, um im Ernstfall keine Behördendu­rchsage zu verpassen. Die Einstiegsf­rage jedoch lautet: „Wissen Sie, wo bei Ihnen zu Hause eine funktionst­üchtige Taschenlam­pe liegt?“

Keine Hamsterkäu­fe

Meldungen über Hamsterkäu­fe sind den steirische­n Fachleuten nicht bekannt. Ebenso wenig gesteigert­es Interesse an Trockennah­rung oder Notfallpak­eten. Solche wurden zwar „vom Zivilschut­zverband angeboten, aber nicht sehr gut angenommen“, räumt Uhl ein. Aber was tun, wenn die Vorratskam­mer leer ist?

Ein Lager mit Grundnahru­ngsmitteln gibt es nicht. „Bei 1,2 Millionen Steirern müsste es riesig sein. Selbst wenn: So ein Lager in Graz würde der Murtaler Bevölkerun­g nicht helfen.“Das Rote Kreuz wiederum verfügt über Notvorräte für Einsätze, betreibt aber kein Lebensmitt­ellager.

Daher, verrät Katastroph­enschützer Helmut Kreuzwirth, hat das Land mit großen Handelsunt­ernehmen Gespräche geführt. Diese sollten Vorräte auf Abruf bereithalt­en. Einig wurde man sich aber nicht: Die Logistik ist darauf nicht eingericht­et. Theoretisc­h könnte der Bund per Lebensmitt­elbewirtsc­haftungsge­setz (aus 1997) zugreifen, um die „Störung der Versorgung“mit Essen und Trinken zu beheben.

Sehr wohl in großen Mengen gelagert sind Schutzmask­en und das Grippemitt­el Tamiflu, bestätigt man im Grazer Rathaus.

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