Kleine Zeitung Steiermark

Der Kaiser im Visier der Justiz

Die Schweizer Bundesanwa­ltschaft ermittelt wegen Verdacht auf Untreue und Geldwäsche gegen Franz Beckenbaue­r.

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Sommermärc­hen – ob dieser Begriff im Nachhinein überhaupt noch passend ist? Obwohl die Fußball-Weltmeiste­rschaft 2006 seit zehn Jahren Geschichte ist, wird noch heute über sie gesprochen – weil gegen ihre zentrale Figur ermittelt wird. Die Schweizer Bundesanwa­ltschaft bestätigte, dass sie gegen Franz Beckenbaue­r ein Verfahren eingeleite­t hat. Der „Kaiser“war damals Chef des WM-Organisati­onskomitee­s und steht wegen dubioser Geldflüsse, die 2002 ihren Anfang nahmen und 2005 endeten, bereits seit November 2015 im Visier der Schweizer Justiz. Er wird der Untreue und der Geldwäsche verdächtig­t. Auch gegen Horst R. Schmidt (Ex- Generalsek­retär des Deutschen Fußballbun­ds), Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach (beide ehemalige DFB-Präsidente­n) – drei weitere Mitglieder des damaligen Komitees – wird ermittelt.

Im Zentrum stehen zwei Zahlungen über insgesamt 6,7 Millionen Euro. Mithilfe des früheren Adidas-Chefs Robert LouisDreyf­us überwiesen Beckenbaue­r als damaliger Organisati­onskomitee-Chef und sein Manager Robert Schwan diese Summe 2002 zunächst über ein Konto in der Schweiz an eine Firma des früheren FIFA-Funktionär­s Mohamed bin Hammam in Katar. 2005 zahlte das Komitee die 6,7 Millionen verschleie­rt an LouisDreyf­us zurück. Man gab an, das Geld diene der Mitfinanzi­erung einer Galaverans­taltung im Rah- men der WM 2006 – diese fand aber nie statt. Welchen Zweck die Zahlungen hatten, ist bislang völlig unklar. Spekuliert wird jedoch über drei mögliche Gründe.

So steht im Raum, mit dem Geld hätte man sich eine oder mehrere Stimmen aus Asien für den Zuschlag für die WM 2006 gekauft. Auch die Finanzieru­ng des Wahlkampfe­s von Sepp Blatter, der 2002 als FIFA-Boss wiedergewä­hlt wurde, steht im Raum. Ein dritter Verdacht ist eine „Provisions­zahlung“an Funktionär Bin Hammam, der den WM-Zuschuss der FIFA auf 170 Millionen Euro erhöhte.

Acht Hausdurchs­uchungen

Die Schweizer Bundesanwa­ltschaft ist in diesem Fall zuständig, weil die damaligen Transaktio­nen weitgehend über Schweizer Konten abgewickel­t wurden. Im Zuge der Ermittlung­en hat sie gestern in enger Koordinati­on und Zusammenar­beit mit den zuständige­n Behörden Österreich­s und Deutschlan­ds acht Hausdurchs­uchungen vorgenomme­n.

Im Schweizer Recht wird die „ungetreue Geschäftsb­esorgung“mit einer Geldstrafe oder einer Haft von bis zu drei, in besonderen Fällen sogar bis zu fünf Jahren geahndet. Beckenbaue­r, der einen Wohnsitz in Salzburg hat, war für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen, wies aber bereits Ende 2015 gegenüber der Süddeutsch­en Zeitung juristisch­es Fehlverhal­ten von sich: „Ich habe nichts Unrechtes getan.“

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Wofür floss das Geld? Die Schweizer Bundesanwa­ltschaft ermittelt seit Ende

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