Weltweit gefragter Terrorismusexperte
Peter Neumann kennt den IS wie kaum ein anderer Wissenschaftler.
Sein Büro wirkt nicht gerade wie die Weltzentrale der wissenschaftlichen Terrorbekämpfung. Peter Neumann sitzt in einem kleinen Eckraum ziemlich weit oben und ziemlich weit hinten im ehrwürdigen King’s College am Londoner Strand in Fußweite zur Themse. Gut, ein Terrorist findet den deutschen Professor und Direktor des Internationalen Zentrums für Studien zur Radikalisierung dort auch kaum. Einerseits ist er fast unauffindbar und andererseits ist Neumann ohnehin ständig unterwegs. Kaum ein Terrorexperte ist weltweit so gefragt wie der 42-Jährige, der seit 17 Jahren in London lebt. Er beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten mit den Ursachen und Hintergründen von Terrorismus, damit, wie sich Menschen radikalisieren, und ist Autor zahlreicher Bücher. Und weil der Politologe, der in Berlin und Belfast studiert hat, die Radikalisierungstendenzen schon seit Jahren präzise voraussagt, rufen ihn Sender wie CNN, Al Jazeera, BBC, ARD und der ORF regelmäßig an. Kaum einer weiß über den IS und seine Kämpfer mehr, kaum einer hat die Gefahr der Terrormiliz so früh in ihrer Gesamtheit erkannt und erfasst. Deshalb wird er von den Vereinten Nationen nach New York eingeladen, um die versammelte Staatengemeinschaft über die Lage im Kampfgebiet des IS aufzuklären. Und auch die Münchner Sicherheitskonferenz lädt ihn jedes Jahr als Experten ein. Nun soll er die OSZE als Sonderbeauftragter zum Thema Radikalisierung beraten. „Wir müssen damit aufhören, zu sagen: Der Terrorismus ist etwas, was von außen kommt“, sagte Neumann der Kleinen Zeitung im Oktober in London. „Dieser Terrorismus kommt aus unserer Gesellschaft, er entwickelt sich aus Spannungen in unserer Gesellschaft und der Art und Weise, wie sich unsere Gesellschaft verhalten hat. Wir müssen akzeptieren, dass das ein Teil von uns ist.“Ingo Hasewend