„Keiner hat sich eine goldene Nase verdient“
Ab Mittwoch treffen sich 1000 internationale Bioenergie-experten in Graz. Doch just bei uns ist die Lage bei Biogas und Heizkesseln dramatisch, sagt Organisator Christian Metschina.
IINTERVIEW. m November scheiterte die Regierung zum wiederholten Mal an der Ökostromgesetznovelle. Das bringt die Biogasanlagen immer weiter in Bedrängnis. Wie viele davon laufen überhaupt noch? CHRISTIAN METSCHINA: In der Steiermark sind es nur noch 35 Anlagen. Fünf haben bereits zugesperrt, weil sie mit Auslaufen der auf 13 Jahre garantierten Förderungen nicht mehr kostendeckend fahren können. Heuer werden acht weitere Anlagen den Betrieb einstellen, wenn es nicht eine Lösung gibt. Was uns wirklich ärgert: Den Betreibern der Anlagen ist für Ende 2014 fix eine Lösung versprochen worden, wonach es für sieben weitere Jahre geförderte Einspeisetarife gibt. Bis heute warten wir noch immer darauf und ich höre mittlerweile im 6-Wochen-rhythmus, dass es jetzt bald eine Lösung gibt.
Haben nicht manche sogar noch investiert, weil eine Lösung in Aussicht war? Den Anlagebetreibern wurde 2014 gesagt, dass es für sie eine Zukunft gibt, wenn sie einen Wirkungsgrad von 60 Prozent erreichen. Daraufhin haben viele noch einmal investiert und neben Strom- auch auf Wärmeversorgung gesetzt. Jetzt stehen sie mit nichts da, viele stehen vor dem Ruin. Es gibt bereits stillstehende Biogasanlagen, die mit der Abwär- me einen Hühnerstall beheizten oder andere Haushalte im Dorf mit Wärme belieferten. Seit sie stillstehen, mussten diese auf Ölkessel umsteigen. Das kann es doch nicht sein.
Die Vereinbarung war, dass sich die Anlagen nach 13 Jahren von selbst rechnen. Ist es nicht dreist, dass man jetzt sagt, es ist sich halt nicht ausgegangen, und für sieben weitere Jahre Geld vom Staat fordert? Nein, das sehe ich überhaupt nicht. In Deutschland gab es von Anfang an Einspeisetarife auf 20 Jahre und es gibt bereits eine Nachfolgelösung. Es hat sich der Strommarkt komplett anders entwickelt, als vorhersehbar war. Der Strompreis ist in den Keller gefallen. Solange wir in Europa neue Atomkraftwerke wie Hinkley Point über 35 Jahre mit Riesenbeträgen fördern, will ich nicht darüber diskutieren, ob wir ein paar Biogasanlagen am Leben erhalten sollen. Der Strom aus diesem Atomkraftwerk wird massiv in die europäischen Netze drücken, der Marktpreis weiter fallen, weshalb die Förderbeträge für Ökostrom ansteigen. Und dann heißt es, der Ökostrom wäre schuld an der Misere. Pro Haushalt liegt der Ökostrombeitrag für Biogas in Österreich bei einem Euro im Monat.
Nicht zuletzt Bundeskanzler Kern kritisierte eine mögliche Nachfolgelösung für Öster- reichs Biogasanlagen, wonach 200 Millionen Euro für 900 Familien, die dahinterstehen, ausgegeben würden. Unfair? Um die Anlagen im System zu halten, sind 15 Millionen Euro im Jahr nötig. Eine Biogasanlage muss 600.000 bis 700.000 Euro im Jahr umsetzen, der größte Teil dieses Geldes bleibt jeweils in der unmittelbaren Umgebung. Aber es hat sich kein Landwirt mit einer Biogasanlage eine goldene Nase verdient. Und dennoch hat die Technologie so ein schlechtes Image bekommen. In Deutschland gilt es als Zukunftstechnologie, bei uns werden die Anlagen vom Markt genommen.
Weil andere Technologien billiger wären? Ich kenne keine Art der Energieproduktion in Europa, die ohne Förderungen auskommt. Legen wir die Karten doch auf den Tisch! Wir haben eine Ökostrompauschale auf der Stromrechnung, gut. Die Kosten für das fossile System sehe ich dort nicht, weil sie über das Steuersystem getragen werden. Die fossile Stromerzeugung hat es in 80 Jahren und mehr nicht geschafft, ohne öffentliche Subvention auszukommen, von den erneuerbaren Energien verlangt man das jetzt binnen 13 Jahren.
Ist Österreich überhaupt noch ein Bioenergie-musterland, als das es sich gerne gibt? Das stimmt schon lange nicht