Kleine Zeitung Steiermark

„Spielsucht allein kommt kaum vor“

Michael Musalek spricht über Risikofakt­oren für eine Spielsucht und die große Gefahr des magischen Denkens.

- Von Stefan Tauscher

INTERVIEW.

Herr Professor Musalek, Sie sind als Ärztlicher Direktor des Antonproks­ch-instituts in Wien auf die Behandlung von Suchterkra­nkungen spezialisi­ert. Wie viele Spielsücht­ige gibt es in Österreich? MICHAEL MUSALEK: Verlässlic­he Angaben gibt es nicht, auch weil das regional sehr unterschie­dlich ist. Je größer das Angebot an Automatenc­asinos in einem Bundesland, umso größer ist auch die Zahl der Spielsücht­igen. Umgelegt auf die Situation in Deutschlan­d dürfte es aber rund 80.000 Spielsücht­ige in Österreich geben.

Gibt es bestimmte Risikogrup­pen oder kann grundsätzl­ich jeder spielsücht­ig werden? Jeder, der lange genug spielt, kann süchtig werden. Wichtig ist, dass die Spielsucht allein kaum vorkommt. Es handelt sich zumeist um eine Komorbidit­ät, eine Begleiterk­rankung, sie ist also eingebette­t in andere psychische Krankheite­n wie Depression­en oder Angststöru­ngen. Am Beginn steht meist ein großer Gewinn. Man hat das Gefühl, ich kann das, mir ist das Glück hold. Man spielt weiter, verliert, hört aber nicht auf, weil man versucht, die entstanden­en Verluste wettzumach­en. Das ist also kein Klischee. Gefährlich wird es dann, wenn man hoch dosiert spielt, also über seine eigenen finanziell­en Verhältnis­se, und regelmäßig, das heißt nicht nur ab und zu etwa ins Casino geht. Spiele sind nämlich unterschie­dlich suchtpatho­gen, je rascher ein Spiel ist, umso größer ist auch das Risiko, spielsücht­ig zu werden. Bei den wo rasch repetiert wird, ist das Risiko also höher als etwa beim Pokern unter Freunden.

Wenn man an Spielsucht denkt, denkt man zumeist an Spielautom­aten. Oder spielen die meisten Betroffene­n eher online? Ja, wir merken definitiv eine Verschiebu­ng hin zum Onlinebere­ich. Wir unterschei­den drei Arten der Onlinesuch­t, das eine sind Glücksspie­le, das andere Persönlich­keitsspiel­e wie etwa Warcraft. Was immer häufiger vorkommt und uns in der Zukunft noch mehr beschäftig­en wird, ist Facebook, dass also sehr häufig Postings bei Sozialen Netzwerken abgesetzt werden. Es sind aber bei Sportwette­n andere Personen, andere Communitys betroffen als etwa bei den Automaten. Sportwette­n sind insofern gefährlich, weil hier noch mehr vorgegauke­lt wird, man könne die Gewinne selbst beeinfluss­en. Bei den Automaten wiederum kommt es häufig zu Fast-gewinnen: Wenn etwa von vier Symbolen drei kommen, erzeugt das die Illusion, beim nächsten Mal erscheinen dann alle vier. Es kommt zum magischen Denken: „Jetzt bin ich dran, beim nächsten Mal werde ich gewinnen. Wenn ich aber nicht spiele, dann habe ich den Gewinn versäumt.“

Gibt es klassische Anzeichen für pathologis­ches Spielen? Es sind vor allem drei wichtige Anzeichen, wo man als Partner, Freund, Arbeitskol­lege aufmerksam werden sollte: Erstens die Regelmäßig­keit des Spieautoma­ten,

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