„Spielsucht allein kommt kaum vor“
Michael Musalek spricht über Risikofaktoren für eine Spielsucht und die große Gefahr des magischen Denkens.
INTERVIEW.
Herr Professor Musalek, Sie sind als Ärztlicher Direktor des Antonproksch-instituts in Wien auf die Behandlung von Suchterkrankungen spezialisiert. Wie viele Spielsüchtige gibt es in Österreich? MICHAEL MUSALEK: Verlässliche Angaben gibt es nicht, auch weil das regional sehr unterschiedlich ist. Je größer das Angebot an Automatencasinos in einem Bundesland, umso größer ist auch die Zahl der Spielsüchtigen. Umgelegt auf die Situation in Deutschland dürfte es aber rund 80.000 Spielsüchtige in Österreich geben.
Gibt es bestimmte Risikogruppen oder kann grundsätzlich jeder spielsüchtig werden? Jeder, der lange genug spielt, kann süchtig werden. Wichtig ist, dass die Spielsucht allein kaum vorkommt. Es handelt sich zumeist um eine Komorbidität, eine Begleiterkrankung, sie ist also eingebettet in andere psychische Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen. Am Beginn steht meist ein großer Gewinn. Man hat das Gefühl, ich kann das, mir ist das Glück hold. Man spielt weiter, verliert, hört aber nicht auf, weil man versucht, die entstandenen Verluste wettzumachen. Das ist also kein Klischee. Gefährlich wird es dann, wenn man hoch dosiert spielt, also über seine eigenen finanziellen Verhältnisse, und regelmäßig, das heißt nicht nur ab und zu etwa ins Casino geht. Spiele sind nämlich unterschiedlich suchtpathogen, je rascher ein Spiel ist, umso größer ist auch das Risiko, spielsüchtig zu werden. Bei den wo rasch repetiert wird, ist das Risiko also höher als etwa beim Pokern unter Freunden.
Wenn man an Spielsucht denkt, denkt man zumeist an Spielautomaten. Oder spielen die meisten Betroffenen eher online? Ja, wir merken definitiv eine Verschiebung hin zum Onlinebereich. Wir unterscheiden drei Arten der Onlinesucht, das eine sind Glücksspiele, das andere Persönlichkeitsspiele wie etwa Warcraft. Was immer häufiger vorkommt und uns in der Zukunft noch mehr beschäftigen wird, ist Facebook, dass also sehr häufig Postings bei Sozialen Netzwerken abgesetzt werden. Es sind aber bei Sportwetten andere Personen, andere Communitys betroffen als etwa bei den Automaten. Sportwetten sind insofern gefährlich, weil hier noch mehr vorgegaukelt wird, man könne die Gewinne selbst beeinflussen. Bei den Automaten wiederum kommt es häufig zu Fast-gewinnen: Wenn etwa von vier Symbolen drei kommen, erzeugt das die Illusion, beim nächsten Mal erscheinen dann alle vier. Es kommt zum magischen Denken: „Jetzt bin ich dran, beim nächsten Mal werde ich gewinnen. Wenn ich aber nicht spiele, dann habe ich den Gewinn versäumt.“
Gibt es klassische Anzeichen für pathologisches Spielen? Es sind vor allem drei wichtige Anzeichen, wo man als Partner, Freund, Arbeitskollege aufmerksam werden sollte: Erstens die Regelmäßigkeit des Spieautomaten,