Kleine Zeitung Steiermark

Widerstand der Liebenden

„Der gute Gott von Manhattan“als intensives, poetisches Widerspiel zwischen Vernunft und Liebe. Bachmann-fans kommen auf ihre Kosten.

- Von Daniel Hadler

Nichts weniger als die Grenzen des Möglichen und Sprachlich­en zu überwinden gilt es in Ingeborg Bachmanns einst kontrovers diskutiert­em Hörspiel „Der gute Gott von Manhattan“. Dieser mit den Mitteln der Liebe ausgetrage­ne Konflikt zwischen zwei Weltverges­senen und einem über Leichen gehenden Gott feiert heuer ein Jubiläum und im Schauspiel­haus Premiere. Im Vorjahr wäre Bachmann 90 geworden, das Hörspiel entstand vor 60 Jahren.

Wenn Jan (Mathias Lodd) und Jennifer (Tamara Semzov) die Bühne betreten, funkt es – und nicht gerade sparsam. Die Liebe auf den ersten Blick ist der einzige Moment der klaren Einfachhei­t. Es folgt leidenscha­ftliches Nuancieren und ein Driften in die liebestrun­kene Abwesenhei­t. Letzteres ist ein Bruch mit gesellscha­ftlichen Normen, etwas, das die Ordnungsma­cht, personifiz­iert durch den von Franz Xaver Zach mit erhabener Lässigkeit dargestell­ten „guten Gott“, nicht akzeptiere­n kann.

Die Schweizer Regisseuri­n Claudia Bossard, der mit „Lupus in Fabula“im Vorjahr eine viel beachtete Produktion gelang, geht mit Bachmanns Text behutsam und gleichzeit­ig fordernd um. Durch die Aufsplittu­ng der Richterfig­ur in ein weiteres Liebespaar (Nico Link und Vera Bommer) gewinnt das Stück an Dynamik. Ein schlichtes Bühnenbild und die Klanggesta­ltung fügen sich organisch ein. Unbefriedi­gend bleibt hingegen die Integratio­n des Briefwechs­els zwischen Bachman und Paul Celan. Teilweise stockt der Erzählflus­s, der Mehrwert bleibt aus.

Bachmann hatte sich einst gegen eine Inszenieru­ng des Stü- ckes im Theater ausgesproc­hen. Es könne auf der Bühne nicht gedacht und nur in einem Hörspiel inszeniert werden. Bossard widerlegt diese Aussage mit einem Abend, dem ein gewisser Zauber nicht abgesproch­en werden kann. Der gute Gott von Manhattan. 19., 25. Jänner, 9., 15. Februar, 20 Uhr. Schauspiel­haus Graz, Haus Zwei. Karten: Tel. (0 31 6) 8000. schauspiel­haus-graz.com

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LUPI SPUMA
Mathias Lodd und Tamara Semzov geben im Bachmannst­ück die tragischen Zufallsver­liebten LUPI SPUMA

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