Kleine Zeitung Steiermark

May und der harte Schnitt

Was, wenn London gar nicht aus der EU will?

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EDs war hoch an der Zeit, dass die britische Premiermin­isterin Theresa May nach Monaten des Lavierens in der Brexit-frage endlich die Karten auf den Tisch gelegt hat.

Dies- und jenseits des Ärmelkanal­s weiß nun offenbar jeder, woran er ist. May will einen sauberen Schnitt mit der EU. Das Vereinigte Königreich soll sich nicht länger europäisch­er Gerichtsba­rkeit beugen müssen und es selber in der Hand haben, wen es zum Arbeiten ins Land lässt und wen nicht. Da beides Voraussetz­ung für die Teilhabe am Binnenmark­t ist, scheidet London daraus aus. Punkt. Und die Europäer müssen sich nicht länger vor einer Aufweichun­g der Personenfr­eizügigkei­t und davor fürchten, dass das britische Beispiel Schule macht.

So weit alles klar. Oder doch nicht? Was, wenn May ihr Land gar nicht aus der EU führen will? Wie könnte sie das erreichen? Es offen zuzugeben, wäre politische­r Suizid. Es bliebe ihr für diesen Fall gar nichts anderes übrig, als alles auf einen „harten Brexit“hinzutreib­en, dessen Preis so exorbitant hoch ist, dass die Briten ihn nur ablehnen können. ass die Regierungs­chefin entgegen ihrer ursprüngli­chen Absicht nun doch das britische Parlament über das Ergebnis der Austrittsv­erhandlung­en abstimmen lassen will, würde sich in dieses Bild fügen. Stimmen die Abgeordnet­en gegen den Deal, wäre ein zweites Brexit-referendum unausweich­lich.

Zugegeben, es ist nur ein kühnes Gedankensp­iel: Aber vielleicht wird in Bälde in Brüssel über eine Scheidung verhandelt, die nie stattfinde­n wird. Stefan Winkler

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