Freigeistiger Parforceritt
Mit Teodor Currentzis und Patricia Kopatchinskaja zelebrierten im Stefaniensaal zwei Querdenker Tschaikowsky.
MUSIKVEREIN
Nur Quecksilber? Oder doch Quacksalber? An Teodor Currentzis scheiden sich die Geister. Mit seiner Exzentrik, seinen Experimenten erntet der im russischen Perm beheimatete Grieche nicht nur Jubel. Allein sein Hampelstil mag manchem windig erscheinen. Andererseits: Frischluft tut gerade der Klassik gut, den Lorbeer „Dirigent des Jahres 2016“erhält nicht jeder, und die Risikofreudigkeit des 44Jährigen zeitigt auch immer wieder spannende Resultate.
So auch bei seinem Debüt in Graz, bei dem Currentzis am Montag (und Dienstag) im Musikverein mit gymnastischem Ganzkörpereinsatz den Wiener Symphonikern in Tschaikowskys „Vierter“alles abforderte. Das blendend disponierte Orchester hatte im Symphonie-brocken aber auf alles eine Antwort: triumphale Geste, lyrischer Volkston, herrliches Pizzicato-gehusche im 3. Satz ...
Zum erwarteten Höhepunkt war schon zuvor Tschaikowskys Violinkonzert geraten. Patricia Kopatchinskaja, im solistischen Parforceritt unter Currentzis auch auf CD (Sony) zu bestaunen, zeigte sich live im Stefaniensaal nicht weniger freigeistig. Nicht einmal Currentzis’ Temposünden konnten die 39-Jährige in ihrer eigenwilligen, rauen Brillanz stören. Als umjubelte Zugabe folgte die Miniatur „Chin“des in Wien lebenden Venezolaners Jorge Sánchez-chiong, in der in der Geige und der Kehle der Moldawierin der Schalk von Ernst Jandl zu sitzen schien. Michael Tschida Patricia Kopatchinskaja