Kleine Zeitung Steiermark

„Überall läuft doch das Gleiche“

Er hat eine Vorliebe für Hawaiihemd­en und wurde mit den wichtigste­n Fernsehpre­isen ausgezeich­net: Jürgen von der Lippe (68) blickt zurück.

- Von Olaf Neumann

INTERVIEW.

In Ihrem neuen Buch „Der König der Tiere. Geschichte­n und Glossen“erfährt man, wie Sie sich früher vor einem Auftritt in kleinen Klubs erst einmal witziggeso­ffen haben. Ist Alkohol eine Lösung? Es ist keine Lösung, kein Alkohol aber auch nicht, wie die Toten Hosen mal gesungen haben. Ganz am Anfang habe ich vor den Auftritten wirklich zwei Bier und vielleicht noch einen Schnaps getrunken gegen das Lampenfieb­er. Das machten alle und manche haben es übertriebe­n. Irgendwann sagte ich mir: „Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass du dich jedes Mal witzigsäuf­st!“Und dann habe ich es gelassen. Man ist viel präziser, wenn man vorher nichts trinkt. Ein Glas Rotwein hat vor Kurzem dazu geführt, dass ich in einer Talkshow zum ersten Mal in meinem Leben einen Witz versemmelt habe.

In Berlin gab es kurz vor Weihnachte­n einen furchtbare­n terroristi­schen Anschlag. Wie gehen Sie als Berliner damit um? Die Berichters­tattung über Terrorismu­s empfinde ich in ihrem Umfang als nicht hilfreich, weil wir auch mit Nachahmung­stätern rechnen müssen. Sie führt zu einer Verzerrung der tatsächlic­hen Gegebenhei­ten und zu einem allgemeine­n Misstrauen Muslimen und Fremden überhaupt gegenüber. Fakt ist, dass die Gewaltkrim­inalität zurückgeht, und sie ist bei Ausländern, wenn man alles berücksich­tigt, nicht höher als bei Deutschen. Die Medien erwecken aber einen ganz anderen Eindruck.

Sie wurden u. a. mit der Romy, der Goldenen Kamera, dem Grimme-preis und Bambi prämiert. Weinen Sie der alten Fernsehunt­erhaltung nach? Ich wollte eigentlich nie so werden wie diese alten Fernsehsch­affenden, die den alten Zeiten hinterherj­ammern. Aber ich habe noch einen Unterhaltu­ngschef erlebt, der sagte: „So, Sie wollen also mit ,Donnerlipp­chen‘ aufhören. Schade. Na, dann lassen Sie sich mal was anderes einfallen!“Diesen Satz würde man heute nicht mehr hören, weil einem Einzelnen nichts mehr zugetraut wird. Man versucht nur noch, sich abzusicher­n und Dinge zu machen, die irgendwo anders schon gelaufen sind. Mit dem Ergebnis, dass man eigentlich überall das Gleiche sieht.

Und das führt dazu, dass Sie den Fernseher gar nicht mehr einschalte­n? Ich habe mir immer alle neuen Sendungen angeguckt – in der Hoffnung, irgendwann etwas Neues zu finden. Aber diese

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