„Wir sollten uns von Trumps Stil nicht beeindrucken lassen“
Leserstimmen zu Stefan Winklers Leitartikel über Donald Trump: Es gibt Zustimmung, aber auch den Rat zu mehr Gelassenheit.
Leitartikel: „Zeitenwende“, 17. 1.
Sehr geehrter Herr Winkler, ich gratuliere zu Ihrem brillanten Leitartikel. „Ein unreifer Einfaltspinsel mit Allmachtsfantasien“– leider wohl wahr. Aber es schmerzt; Ich habe in den USA studiert und für die Us-botschaft gearbeitet. Aber die Trumps kommen und gehen, die USA bleiben die USA.
Nicht einverstanden bin ich mit Ihrer Schlussfolgerung. Europa hat einige Anläufe zu einer eigenen Armee genommen, die, von optischen Werbeeffekten abgesehen, alle gescheitert sind. Einem neuen Projekt dieser Art wird es nicht anders ergehen.
Es gibt ja schon eine erfolgreiche Allianz, die mit der Auflösung des Sowjetblocks den größten denkbaren Sieg ohne Kriegshandlungen erzielt hat: die Nato. Macht dieser Erfolg die Nato obsolet?
Das Wort ist mehrdeutig. Hätte Trump gesagt: „Die Nato braucht nach dem Ende des Kalten Krieges eine neue Definiti- on ihrer Aufgaben“, dann könnten alle zustimmen. Aber er zieht die demagogische Phrase vor.
Wir sollten uns von diesem Politikstil, der ja auch in der österreichischen Innenpolitik nicht unbekannt ist, nicht allzu sehr beeindrucken lassen. Sachlichkeit und Rationalität haben keine Halbwertzeit. Gelassenheit à la Merkel ist gefragt.
Ich freue mich auf Ihren nächsten Leitartikel. Prof. Dr. Helmut Sihler,
Pörtschach
Sachlich bleiben
Sehr geehrter Herr Winkler! Sie bezeichnen Donald Trump als „halbstarken Elefantenbullen im Porzellanladen“, „twitternden Obertroll“oder „unreifen Einfaltspinsel“.
In einer seriösen Tageszeitung sollte sich ein seriöser Journalist nicht auf das sprachliche Niveau des zuvor Bezeichneten begeben. Wie wohltuend und beruhigend wirkt dagegen die gelassene und sachliche Reaktion von Frau Merkel.
Inhaltlich stimme ich Ihnen allerdings zu. Was kann Europa, das nur sieben Prozent der Weltbevölkerung ausmacht, tun? Es könnte sich darauf besinnen, dass es mit rund 20 Prozent Handelsvolumen die stärkste Wirtschaftsmacht ist (nur Gesamtasien ist stärker). Es könnte mit einer Stimme sprechen und so Herrn Trump eines Besseren belehren.
Zur Nato bedarf es auch von österreichischer Seite mehr europäischer Solidarität und weniger betonierter Ideologie und Nostalgie. Die Neutralität war wichtig, ist aber in Zeiten wie diesen schon lange obsolet. Wem gegenüber soll man als Eu-mitgliedstaat noch neutral sein? Für ein voll und ganz hinter Europa stehendes Mitglied kann es keine immerwährende Neutralität geben.
Wir alle können nur hoffen, dass dieses wunderbare Europa zur Besinnung kommt, ohne nationalen Eigensinn und Schrebergartendenken – und vor allen Dingen, dass es wieder Vertrauen hat in dieses einzigartige Friedens- und Wirtschaftsprojekt. Franz Josef Dorn, St. Marein
Nicht demokratisch
„Turbulente Amtseinführung“, 16. 1.
Vor einem Ausschuss des Ussenats hat Geheimdienstdirektor James Clapper gesagt, er halte Russlands Präsidenten, Wladimir Putin, persönlich für den Urheber der Cyberattacken.
Laut „Washington Post“haben russische Funktionäre sich gegenseitig zu dem Wahlergebnis gratuliert. Es ist jedenfalls äußerst befremdend, wenn sich eine andere Macht in innere Angelegenheiten der USA einmischt.
Egal wie bedeutend die russischen Cyberattacken für das Wahlergebnis waren, ist die Wahl von Trump unter diesen Gesichtspunkten nicht gerade ein Musterbeispiel für Demokratie. Im Gegenteil! Ein anderer Staat müsste jeden Kandidaten/jede Kandidatin akzeptieren und kann nicht von vornherein sich nur auf die Seite eines Kandidaten/einer Kandidatin stellen. Das Lehrbuch der Geschichte sagt: „Wehret den Anfängen!“
Helmut Haidenbauer, Feldbach