Trump tanzt seine Botschaft
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend/dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,/blüht jede Weisheit auch und jede Tugend/zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.“– So hat Hermann Hesse im Gedicht „Stufen“den unvermeidlichen Wechsel des Lebens in Form gegossen. Es ist eine Parabel auf die Kunst des Loslassens und sie gilt unzweifelhaft auch für die Politik und dort ausdrücklich, wo Demokratie zu Hause ist. Doch der Wechsel ist oft mit einem bitteren Beigeschmack behaftet für all jene, die beim Übergang zu den Verlierern zählen. Für sie klingt es wie Hohn, wenn Hesse dann schreibt: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne/der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“und man sieht den 45. Präsidenten beim ersten Tanz und hat doch noch die Bilder vom 44. im Geiste. Welch eine Anmut war das im Gegensatz zum „Liberty Ball 2017“in Washingtons Convention Center. Und dann auch die Liedauswahl. Barack Obama wählte für seinen Tanz mit Michelle den Glenn-miller-song „At Last“(deutsch: „endlich“) von Beyoncé, der davon handelt, dass zum Ende hin alles gut werde – symbolischer kann der erste schwarze Präsident der USA nicht ins Amt tanzen. Donald Trump bewegte seine im champagnerfarbenen Kleid von Hervé Pierre gekleidete Melania zu Frank Sinatras „My Way“über das Präsidentensignet. Auch das ist vielsagend. Der Mann, der sich durchgesetzt hat gegen alle Kritiken, Vorhersagen, Schmähungen. Er hat sich durchgesetzt, unbeirrt. Mein Weg. „Ich hatte auch genug an Niederlagen wegzustecken“, singt Sinatra und man hört doch Trump. Aber Sinatra singt auch: „Und jetzt naht das Ende/und vor mir liegt der letzte Vorhang.“Es ist vielsagender, als Trump es wollte. Denn eines ist klar: Es lockt die Süße in der Ferne. Der Wechsel wird wiederkommen. Für Hesse eine Notwendigkeit im Weltenlauf: „Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,/an keinem wie an einer Heimat hängen,/der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,/er will uns Stuf ’ um Stufe heben, weiten.“Ingo Hasewend